Wirtschaft

Unternehmen zwischen Haltung und Verantwortung

Unternehmen zwischen Haltung und Verantwortung

Die Reaktionen der Unternehmen auf den Krieg in der Ukraine sind so unterschiedlich wie die Unternehmenslandschaft. Durch die Bank wurde der russische Angriff zwar verurteilt und auch mit Hilfsangeboten waren zahlreiche Unternehmen schnell zur Stelle. Doch bei der Frage, ob man sich aus Russland zurückziehen soll, entwickelte sich ein vielstimmigeres Bild. Am schnellsten wurden noch Handelsbeziehungen mit Russland und Investitionsvorhaben in Russland gestoppt. So haben praktisch alle namhaften Automobilhersteller ihre Geschäfte für beendet erklärt oder zumindest vorübergehend auf Eis gelegt. Ganz ähnlich sieht es in den meisten anderen Branchen aus, ganz gleich, wie stark diese von den staatlichen Sanktionen betroffen sind. Inzwischen sollen mehr als 600 westliche Unternehmen ihre Beziehungen zu Russland gekappt haben, vollständig oder vorübergehend.

Umsatzeinbußen und Reputationsrisiken

Das wird sich auch in den Bilanzen bemerkbar machen. So rechnet beispielsweise der Sportartikelhersteller Adidas mit einem Umsatzverlust von rund 250 Millionen Euro. Das Unternehmen aus Herzogenaurach hat seine Läden in Russland geschlossen, den Onlinehandel ausgesetzt und auch den Partnerschaftsvertrag mit dem russischen Fußballverband ausgesetzt. „Als Unternehmen verurteilen wir jede Form von Gewalt und zeigen uns solidarisch mit allen, die zum Frieden aufrufen“, sagte Vorstandschef Kasper Rorsted bei der Vorstellung der Bilanz 2021. Setzt man die 250 Millionen Euro ins Verhältnis zum Jahresumsatz 2021 (21,2 Milliarden Euro), so wirkt der Verlust verkraftbar. Tatsächlich rechnet Rorsted auch nicht mit Auswirkungen auf den prognostizierten Gewinn für 2022.

Größere Auswirkungen könnten Reputationsschäden haben, wenn Unternehmen in dieser Phase ihre Glaubwürdigkeit verspielen. Dieses Risiko wollte die Züricher Versicherung gar nicht erst eingehen. Sie hatten einfach Pech mit ihrem Logo. Gegenüber der Nachrichtenagentur DPA bestätigte das Schweizer Unternehmen, vorübergehend auf den isolierten Buchstaben Z im Außenauftritt, speziell in den Social-Media-Kanälen zu verzichten, weil dieser missverstanden werden könnte. Tatsächlich hat sich das Z eigentlich nur ein Markierungszeichen auf den russischen Militärfahrzeugen zum Symbol dieses Kriegs entwickelt. Inzwischen wurde die alleinstehende Verwendung schon in den unterschiedlichsten Formen verboten, selbst bei einigen Zulassungsstellen werden keine Autokennzeichen mit einem einzelnen Z mehr ausgegeben. Die Brisanz hat man in Zürich erkannt und schnell gehandelt.

Öffentlicher Druck zwingt Unternehmen zur Haltung

Weitaus schwieriger stellt sich der Umgang mit der Haltung für Unternehmen dar, die sich nicht vollständig aus dem russischen Markt zurückziehen wollen. Das reicht von Restaktivitäten wie bei Siemens, die ihre Service- und Wartungsverträge auch weiterhin bedienen wollen, bis hin zu Unternehmen, die eigene Werke oder Handelsniederlassungen unterhalten und für ihre Beschäftigten weiterhin Verantwortung übernehmen wollen. Betroffen sind sowohl Mittelständler beispielsweise aus dem Maschinenbau, aber auch multinationale Konzerne wie Nestle. Der Lebensmittelkonzern ist sowohl in Russland als auch in der Ukraine aktiv und betreibt eigene Produktionsstandorte. Für diese wurde in der Ukraine kurz nach Kriegsbeginn ein Produktionsstopp verhängt, um die eigenen Mitarbeiter zu schützen. Rund 5.800 Ukrainer und Ukrainerinnen sind bei Nestle beschäftigt. Ein Teil von denen hat das Land inzwischen verlassen und nach neuesten Meldungen sollen auch Kündigungen der Belegschaft zunehmen. Vor allem, weil Nestle seine Geschäfte in Russland weiter betreibt. Zwar hatte das Unternehmen in Russland seine Werbemaßnahmen eingestellt und Investitionsvorhaben ausgesetzt, vielen Verbrauchern, NGOS und auch einzelnen Politikern war dies nicht genug. Nach zunehmend heftiger werdender Kritik will sich Nestle zukünftig nur noch auf Grundnahrungsmittel beschränken und alle anderen Produkte nicht mehr nach Russland liefern.

Die Wucht öffentlicher Empörung traf auch den mittelständischen Schokoladenhersteller Ritter Sport. Russland ist nach Deutschland der zweitwichtigste Absatzmarkt des Unternehmens. Der Verzicht könnte also zu deutlichen Umsatzeinbußen führen und hätte damit auch weitreichende Folgen für den hiesigen Firmenstandort. In einem offenen Brief erklärte sich das Unternehmen, blieb aber bei seiner Haltung. „Uns ist Verantwortungsbewusstsein wichtiger als Gewinn“, hieß es darin. Ritter Sport wolle weiterhin seine Verantwortung für die Mitarbeiter tragen und machte zudem auf die weiteren Auswirkungen in der Lieferkette aufmerksam. Am Ende würde sich der Umsatzeinbruch auch bei den Familien der Kakaobauern bemerkbar machen. Auf Werbung und weitere Investitionen verzichtet Ritter Sport aber dennoch und will die Gewinne aus dem Russland-Geschäft an Hilfsorganisationen spenden.

Kriegsverlauf verändert die erste Einschätzung

Mit ähnlichen Argumenten haben zahlreiche weitere Unternehmen ihren Verbleib in Russland begründet, beispielhaft seien hier der Baumaschinenhersteller Liebherr oder der Industriekonzern GEA genannt. Mit dem weiteren Verlauf des Krieges ändern sich allerdings auch die Einschätzungen in den Vorstandsetagen. So hat SAP weitere Schritte angekündigt, seine Geschäfte in Russland nun vollständig zu beenden, nachdem bislang Wartungsverträge noch weitergeführt wurden. Auch Henkel vollzieht nun den letzten Schritt und wird sich vollständig aus seinem Russlandgeschäft zurückziehen. In ersten Schritten waren bereits Investitionsvorhaben und Werbemaßnahmen gestoppt worden. Rund 2.500 Mitarbeiter beschäftigt der Konsumgüterhersteller aus Düsseldorf in Russland und sieht sich auch für diese in der Verantwortung. Aber der fortschreitende Krieg mit seinen unzähligen Kriegsverbrechen hat in Düsseldorf zu einem Umdenken geführt. „Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen haben wir entschieden, die Geschäfte in Russland aufzugeben“, teilt das Unternehmen mit. Man wolle sich nun in einem geordneten Prozess aus dem Land zurückziehen. Die Mitarbeiter vor Ort wären dabei eng eingebunden und würden auch weiter bezahlt.

Anders hat sich der Reifenhersteller Continental entschieden. Nachdem die Produktion zunächst eingestellt wurde, unter anderem aufgrund unterbrochener Lieferketten, hat man sie nun wieder aufgenommen und will dort zeitweise wieder produzieren. Gewinne wolle man damit aber nicht erzielen, ein Hinweis, den nahezu alle Unternehmen geben. Das Problem seien aber Konsequenzen für die leitenden Mitarbeiter vor Ort. Und auch die möglicherweise drohende Enteignung hält manche Unternehmen von einem Rückzug ab. Damit hat auch die Baumarktkette Obi gerechnet und ihre 27 Filialen in Russland zunächst geschlossen und inzwischen komplett an einen russischen Investor übertragen. Vorbehaltlich der behördlichen Genehmigungen ist das Kapitel Russland damit für Obi beendet. Bedingung für die Übertragung, für die kein Geld geflossen sein soll, ist, dass der Name zukünftig in Russland nicht mehr verwendet wird. Unternehmen wie Bayer oder die Metro verbleiben in Russland, weil sie es für ethisch vertretbar halten, etwa weil sie zur Grundversorgung der Bevölkerung beitragen.

Starke, schwache oder keine Reaktionen von Unternehmen

Kommerziell gebe es für Unternehmen in der derzeitigen Situation nichts zu gewinnen, aber viel zu verlieren, sagt Dr. Niklas Schaffmeister, geschäftsführender Gesellschafter der Managementberatung Globeone. „Marken sind wie Menschen auf der Grundlage von Werten positioniert. Sind diese Werte stark, kann man nicht einfach schweigen und weitermachen, wenn so etwas passiert wie aktuell in der Ukraine“, so Schaffmeister. Grundsätzlich sind nach seiner Einschätzung derzeit drei Reaktionsweisen von westlichen Unternehmen zu beobachten: Zum einen sehr starke Reaktionen, oft verbunden mit der langfristigen Aufgabe des Geschäfts. Zum anderen eher verhaltene Reaktionen, bei der es vor allem um ein vorläufiges Aussetzen von Aktivitäten gehe. „Diese Reaktionen erfolgen häufig unter dem Hinweis, die Situation weiter beobachten zu wollen oder begleitet von Spendenaktionen. Eine schnelle Rückkehr in den russischen Markt ist hier nicht ausgeschlossen“, so Schaffmeister. Und schließlich gebe es auch viele Unternehmen, die gar nicht oder allenfalls nur mit vagen Statements als Antwort auf den Druck der Öffentlichkeit reagierten. „Diese Reaktionsweise kann langfristig zu starker Kritik und zu Imageschäden führen, vor allem bei Unternehmen, die stark in der Öffentlichkeit exponiert sind“, meint Schaffmeister.

Hall of Shame listet Unternehmen auf

Einen genauen Überblick über das Verhalten von Unternehmen liefert die Auflistung von Jeffrey Sonnenfeld, Wirtschaftsprofessor an der US-Universität Yale. Mehr als 1.000 Unternehmen führt seine Liste inzwischen auf, die hierzulande auch als Hall of Shame bezeichnet wird. Die Liste wird ständig aktualisiert und verfeinert. Anfangs gab es nur die Unterscheidung zwischen „Raus“ oder „Bleiben“, inzwischen werden die Unternehmen einer von fünf Kategorien zugeordnet, von A für Unternehmen die sich komplett aus Russland zurückziehen bis zu F für Unternehmen die unbeirrt weitermachen. „Eine solche Liste erzeugt extremen Druck mit großer Wirkung. Sie ist ein Ranking von moralisch falschem Verhalten“, sagt Martin Kornberger, Professor für Wirtschaftsethik an der Wirtschaftsuniversität Wien, gegenüber der österreichischen Wirtschaftszeitung Der Standard. „Der Imageschaden für Unternehmen, die noch in Russland seien, sei jetzt schon enorm groß.“

Das könnte sich zukünftig auch bei den Kaufentscheidungen der Konsumenten bemerkbar machen. Nach einer Umfrage des Branchenverbands Bitkom würden deutsche Verbraucherinnen und Verbraucher genau hinsehen, wie sich Unternehmen derzeit positionieren. Immerhin 77 Prozent wollen in Zukunft davon ihre Kaufentscheidung abhängig machen. „Wer sich nicht klar an die Seite der Ukraine stellt, läuft Gefahr, das Vertrauen deutscher Kundinnen und Kunden zu verspielen und riskiert Einbußen“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg.

Konsumenten verlangen Rückzug aus Russland

Diese Ergebnisse zeigen sich auch in einer Studie der Agentur WeberShandwick, die in sechs Ländern durchgeführt wurde. Mit Deutschland, USA, Großbritannien, Japan, Kanada und Frankreich sind zwar nur Länder des westlichen Wertesystems vertreten, die sind sich in den grundlegenden Punkten aber einig. So ist der Krieg in der Ukraine in allen genannten Ländern mit Ausnahme der USA das derzeit wichtigste Thema. Ein großer Teil aller Befragten (72 %) erwartet von Unternehmen eine klare Position, wenn die Demokratie gefährdet ist. Insgesamt werden vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine hohe Erwartungen an Unternehmen gestellt. So sollten sie für viele Befragte eine gewichtige Rolle spielen, um diesen Krieg zu beenden. An dieser Stelle wird die Verantwortung zwar überwiegend bei internationalen Organisationen wie der Nato oder der UN und den nationalen Regierungen gesehen, aber in Deutschland wird der Wirtschaft eine bedeutende Rolle zugeschrieben.

Im internationalen Vergleich zeichnet sich bei dieser Frage eine Sonderrolle Deutschlands ab. So sollten die Befragten eine Rangfolge festlegen, wer die Führung zur Beendigung des Krieges übernehmen sollte. Deutschland sieht auf dem 2. und 3. Platz die Wirtschaft/Industrie und Finanzwirtschaft. Erst an vierter Stelle wird die Regierung genannt. In allen anderen Ländern der Untersuchung werden diese erst auf den Plätzen 3 und 4 genannt, nach der eigenen Regierung. Das zeigt die Schwierigkeit, in der sich Unternehmen befinden, wenn sie sich nicht klar positionieren.

Auch an den eigenen Arbeitgeber werden diese Erwartungen gestellt, von denen allerdings nur rund ein Drittel diese Erwartung auch erfüllt. Diese wiederum haben als häufigste Maßnahme den Krieg verurteilt und/oder an Hilfsorganisationen gespendet. Die Erwartungshaltung der Belegschaften sieht ganz ähnlich aus. So werden die Bereitstellung humanitärer Hilfe und die Versorgungssicherheit der Menschen in der Ukraine als wichtigste Punkte genannt. Offizielle Statements, die Verantwortung gegenüber Mitarbeitern in Russland und die Neubewertung des Russlandgeschäfts rangieren dahinter, werden aber dennoch von einer Mehrheit erwartet.

Sanktionen zeigen Wirkung

Was bedeutet nun verantwortliche Unternehmensführung in der aktuellen Situation? Von den ESG-Kriterien ist in diesem Fall besonders die Governance gefordert. Die Unternehmen sind zwischen Haltung und ihrer gesellschaftlichen Verantwortung hin- und hergerissen. „Unternehmen, die ihre russischen Betriebe einstellen, haben immer noch eine Sorgfaltspflicht gegenüber ihren Arbeitnehmern – und respektieren ihre Rechte, sagte Anita Ramasastry, Mitglied der UN-Arbeitsgruppe für Wirtschaft und Menschenrechte, dem Magazin Politico. Unternehmen würden diese Entscheidungen oft zu schnell treffen, ohne ausreichend über die Konsequenzen und die dadurch verursachten Schäden nachzudenken. Unternehmen die für einen Verbleib in Russland argumentieren, weil ihr Rückzug vor allem die unschuldige Bevölkerung treffen würde, werden zunehmend als nicht glaubwürdig betrachtet.

Neben diesen Aspekten steht immer auch noch die Frage im Raum, was kann der Rückzug aus dem russischen Markt für diesen Krieg bewirken? Dass diese Frage nicht leicht zu beantworten ist, liegt auf der Hand. Inzwischen machen sich die Sanktionen und der Rückzug von Unternehmen in Russland aber bemerkbar. Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin rechnet mit dem Verlust von mehr als 200.000 Arbeitsplätzen. Und auch Russlands Notenbank-Chefin Elvira Nabiullina sieht zunehmende Auswirkungen auf die reale Wirtschaft, nachdem in den ersten Wochen vor allem der Finanzmarkt betroffen war. Jetzt fordert sie eine Neuaufstellung der russischen Wirtschaft, schließlich könne man nicht dauerhaft von den Finanzreserven leben.

Wirtschaftsethiker mit unterschiedlichen Positionen

Das könnte für einen Rückzug aus dem russischen Markt sprechen und dem gerne verwendete Argument der Wirkungslosigkeit von Sanktionen widersprechen. Für Jeffrey Sonnenfeld ist auch völlig klar, wie sich Unternehmen entscheiden sollten. Nach seiner Auffassung sollten Verbraucher und Verbraucherinnen die Unternehmen boykottieren, die ihre Geschäfte mit Russland nicht beenden. Doch trotz klarer Positionierung bleiben Fragen offen, schließlich gibt es auch in anderen Gegenden dieser Welt kriegerische Auseinandersetzung, Menschrechtsverletzungen und Unterdrückung. Antworten könnte die Wirtschaftsethik liefern, doch auch unter deren Vertretern herrscht keine Einigkeit. Für den St. Gallener Wirtschaftsethiker Prof. Thomas Beschorner ist die Sache klar. In der Zeit schrieb er zusammen mit Kollegen: „Unternehmen sind jetzt gefordert, ihre Bedeutung als gesellschaftspolitische Akteure in stärkerem Maße zu reflektieren und als Corporate Citizen auch handlungspraktisch einzulösen.“ Unternehmen dürften sich jetzt nicht wegducken, sondern seien zum Handeln verpflichtet, denn „wir haben es in diesem Krieg mit nicht irgendeiner zwielichtigen normativen Position zu tun, die offenlässt, was das richtige Handeln ist.“ Es sei für Unternehmen ethisch geboten, ihre Macht für ein Ende des Krieges einzusetzen. „Es geht nicht nur um ein erweitertes Kosten-Nutzen-Denken und um die Sorge der Reputation. Es ist die Verantwortung und die moralische Pflicht von Unternehmen, durch ihr Handeln friedensstiftend zu wirken“, so Beschorner und Kollegen.

Dem widerspricht der Wirtschaftsethiker Prof. Ingo Pies nicht grundsätzlich, mahnt aber zur Zurückhaltung. In einem Aufsatz für das Forum Wirtschaftsethik schreibt er: „Selbst wenn man extrem harte Wirtschaftssanktionen für geeignet hält, das ausgewiesene Ziel zu erreichen, folgt daraus keineswegs, dass man die für nötig gehaltene Eskalation der Wirtschaftssanktionen den Unternehmen als eine Aufgabe zuweist, die sie auf freiwilliger Basis zu erfüllen haben. Wer die Eskalierung von Boykott und Embargo für nötig hält, sollte sie per Gesetz vorschreiben. Alles andere ist nicht marktkonform und fordert die Unternehmen nicht, sondern überfordert sie.“ Auch der Wirtschaftsethiker des Instituts der Deutschen Wirtschaft Prof. Dominik Ernste, rät im Deutschlandfunk, Unternehmen sollten kühl abwägen und nicht zu vorschnelle moralische Entscheidungen treffen. Allerdings, so Ernste: „Unternehmen, die in keiner Weise auf den Krieg gegen die Ukraine reagiert haben, kann man aus wirtschaftsethischer Perspektive nur raten, zumindest sorgfältig zu prüfen, ob das nicht mit einem erheblichen Reputationsschaden am Ende einhergehen kann.“

Dieser Beitrag erschien zuerst auf csr-reporter.de.

Posted by Thomas Feldhaus in Allgemein
Kollege Roboter

Kollege Roboter

Jedermann hat eine Vorstellung von einem Roboter. Was vor einigen Jahrzehnten noch Science-Fiction war, ist heute in den meisten Produktionsbetrieben längst Realität. Große Roboter mit riesigen Greifarmen machen im Gleichklang der Hydraulik ihren Job. Man sollte ihnen nicht zu nahe kommen, deshalb verrichten sie ihr Werk überwiegend hinter Schutzeinrichtungen. Sie können große Werkstücke bearbeiten, schweißen oder montieren, präzise, ausdauernd und schnell. Industrieroboter haben nicht nur in der Automobilindustrie ein neues Level der Produktivität ermöglicht.

Diese Art der Industrieroboter hat inzwischen Nachwuchs bekommen, kleinere kollaborative und kooperative Roboter, meist Cobots genannt, die unmittelbar mit dem Menschen zusammenarbeiten. Die erste Begegnung mit einem Cobot ist durchaus ein ungewöhnliches Erlebnis. Er bewegt sich nahezu geräuschlos, arbeitet bis auf den Zehntelmillimeter präzise und ist mit einer beeindruckenden Sensitivität ausgestattet. Roboter verändern die Arbeitswelt und häufig sieht man in ihnen die Lösung zur Beseitigung des Fachkräftemangels. Doch können sie das wirklich leisten?

In den kommenden acht bis zehn Jahren werden dem deutschen Arbeitsmarkt rund fünf Millionen Fachkräfte fehlen. Der Grund ist die Generation der Boomer, die in den nächsten Jahren in Rente geht. Diese Zahlen vom Deutschen Institut für Wirtschaft sind nur ein Beleg für den drohenden Fachkräftemangel. Politik und Verbände drängen deshalb auf qualifizierte Zuwanderung, um die Lücken zu schließen. Andere Ansätze verfolgt der Deutsche Robotik Verband, der nicht ganz uneigennützig zunehmend leistungsfähigere Roboter als Lösung präsentiert. In einem Arbeitspapier werden eine Million Roboter genannt, die bis 2030 den Arbeitskräftemangel beseitigen könnten. Und zwar nicht nur in der Industrie, sondern ebenso in der Pflege und der Gastronomie.

»Die erste Begegnung mit einem Cobot ist durchaus ein ungewöhnliches Erlebnis.«

Dabei wird schnell klar: Roboter ist nicht gleich Roboter. „Wir müssen zwischen klassischen Industrierobotern und modernen Cobots sowie Servicerobotern unterscheiden“, sagt Prof. Dr. Oliver Bendel von der Fachhochschule Nordwestschweiz, der zu ethischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fragen der Robotik forscht. „Manche Serviceroboter sind ansatzweise humanoid gestaltet, haben etwa Augen oder einen Mund.“ Während in industriellen Wertschöpfungsketten häufig große Industrieroboter zum Einsatz kommen, mit denen tatsächlich auch Arbeitsplätze ersetzt werden, verfolgt der Einsatz von Cobots oder Servicerobotern einen anderen Zweck. „Cobots arbeiten Hand in Hand mit menschlichen Arbeitskräften“, so Bendel. Ausgestattet mit ein oder zwei Armen interagiert der Cobot direkt mit einem Mitarbeiter. Man kommt sich sehr nahe und auch Berührungen sind nicht ausgeschlossen. Darauf reagiert der Cobot mit einer kurzen Unterbrechung, oder er zieht seinen Arm zurück.

Cobots kommen meist in der Montage zum Einsatz, insbesondere bei Arbeitsschritten, die sehr monoton sind oder ein sehr hohes und zuverlässiges Maß an Präzision erfordern. Zusammen bilden Mensch und Roboter eine Art Dream-Team im Sinne der Produktivität. Doch das hat auch negative Aspekte. „Ich halte den Einsatz von Cobots für sinnvoll und zukunftsweisend“, sagt Bendel. „Dennoch kann es passieren, dass der Arbeiter bestimmte Handgriffe nicht machen kann und darf, die er eigentlich schätzt, und nun dem Rhythmus der Maschine folgen muss.“ In welchem Umfang dies geschieht, ist auch von der Programmierung abhängig. Tatsächlich können die Cobots, entsprechend programmiert, auch das Arbeitstempo vorgeben.

Damit das Dream-Team auch funktioniert, ist aber nicht nur eine reibungslose und unfallfreie Kollaboration notwendig. Vielmehr erfordert es auch Akzeptanz der beteiligten Mitarbeiter. Studien haben gezeigt, dass technikaffine Arbeitskräfte in ihrem mechanischen Gegenüber eher eine Maschine mit speziellen Fähigkeiten sehen, die sie von monotonen oder lästigen Aufgaben befreit. Weniger technikaffine Menschen schreiben Robotern menschenähnlichere Eigenschaften zu. Das wirkt sich unmittelbar auf die Akzeptanz aus. Laut aktuellem Robotik Spiegel 2022 des Deutschen Robotik Verbands sieht eine Mehrheit zwar eine Verbesserung des Arbeitsalltags durch den Roboter, allerdings wird dieser meist als Maschine und nicht als Kollege favorisiert. „Roboter haben dann die größte Akzeptanz, wenn sie für die Mitarbeiter einen Mehrwert bieten, etwa indem sie anstrengende, gefährliche oder verschleißende Arbeiten übernehmen“, sagt Oliver Bendel.

Diese neuen Formen von Robotern werden die Arbeitswelt der nahen Zukunft prägen. Dabei werden sie selten Arbeitskräfte ersetzen, sondern es wird eher ein Neben- und Miteinander geben. Das gilt nicht nur in den Produktionshallen, sondern zunehmend auch in anderen Bereichen der Arbeitswelt. Beispielsweise in Büros, im Dienstleistungssektor, in der Pflege oder der Gastronomie. Die Studie Robots@work4.0 der TU-Darmstadt hat sich mit der Akzeptanz in den Büros beschäftigt. Diese kommt zu ganz ähnlichen Ergebnissen, zeigt aber auch, dass Unternehmen Roboter oftmals unreflektiert einsetzen, ohne dabei Aspekte wie Arbeitsklima und Unternehmenskultur zu berücksichtigen. Noch sind in diesen Bereichen Roboter selten anzutreffen. Das gilt auch im Pflegebereich, wo Roboter immer wieder als Lösung für den Fachkräftebedarf ins Feld geführt werden. „Dazu bräuchte es aber mehr leistungsfähige Modelle in hoher Anzahl“, sagt Oliver Bendel. „Die Realität sieht anders aus“. Der größte Teil der Cobots und animaloiden oder humanoiden Roboter für die Pflege befindet sich noch in der Entwicklungs- und Testphase. Ein großer Rollout von Serienmodellen ist noch nicht in Sicht.

Dennoch werden Roboter weiter Einzug halten in unseren Arbeitsalltag. Kosten und Produktivitätssteigerungen sind nur zwei Aspekte, die dabei eine Rolle spielen. „Unternehmen müssen dafür sorgen, dass Mitarbeitern erfüllende Aufgaben zukommen, während die monotonen Arbeiten von Robotern erledigt werden“, so Bendel. „Wahrscheinlich werden wir in ein paar Jahren sehen, dass mehrere Cobots zusammenarbeiten. Dann könnte die Robotik tatsächlich helfen, den Fachkräftemangel zu beseitigen. Aber zugleich werden weiter Arbeitsplätze verschwinden.“

Dieser Beitrag erschien zuerst auf inpactmedia.com und als Beilage in der Zeit.

Kollege Roboter | inpactmedia.com

Posted by Thomas Feldhaus in Allgemein
Trau, schau, wem…

Trau, schau, wem…

Verschlossene Türen, heruntergelassene Tore, Zäune und Kameras. Unternehmen nutzen die gesamte Bandbreite der Möglichkeiten, um Unbefugten den Zutritt zu ihren Geschäftsräumen zu verwehren. Dabei lauern die größten Gefahren nicht vor der Tür. Einbrüche in Unternehmensgebäude und Lagerhallen nehmen seit Jahren kontinuierlich ab. Vielmehr verschaffen sich Unbefugte, oftmals gänzlich unbehelligt, über Kupfer oder Glasfaser den begehrten Einlass und können dabei erheblich größeren Schaden anrichten. Nahezu jedes Unternehmen in Deutschland ist davon mehr oder weniger stark betroffen, wie eine aktuelle, repräsentative Umfrage des Branchenverbands Bitkom zeigt. Für das Jahr 2022 liest sich das so: 84 Prozent der 1.000 befragten Unternehmen wurden Opfer von Datendiebstahl, Diebstahl von IT-Technologie, Spionage oder Sabotage, bei weiteren 9 Prozent wird eine solcher Angriff vermutet. Im gesamten Jahr 2021 waren 100 Prozent der Unternehmen von mindestens einem der Delikte betroffen, 88 Prozent sicher, bei 12 Prozent vermutet.

Tatsächlich verlagern sich die Taten immer mehr in den digitalen Raum. „Spätestens mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und einer hybriden Kriegsführung auch im digitalen Raum ist die Bedrohung durch Cyberattacken für die Wirtschaft in den Fokus von Unternehmen und Politik gerückt“, kommentiert Bitkom-Präsident Achim Berg die Zahlen. Unabhängig davon sei die Bedrohungslage sowieso sehr hoch. So hat sich die wahrgenommene Bedrohung für Unternehmen innerhalb nur eines Jahres dramatisch erhöht. Fast jedes zweite Unternehmen glaubt, dass Cyberattacken ihre geschäftliche Existenz bedrohen können, ein Jahr zuvor lag dieser Wert noch bei 9 Prozent. Das hat einen einfachen Grund: Die Täter haben es zunehmend auf Kommunikations- und Kundendaten abgesehen, und dabei ist ihnen jedes Unternehmen recht. „Wir gehen davon aus, dass zirka drei Viertel der mittelständischen Unternehmen bereits Opfer eines Cyberangriffs waren und es mitunter vielleicht nicht gemerkt haben, beziehungsweise keinen echten Schaden davongetragen haben“, sagt Volker Wittberg, Leiter des Instituts für Cyber Security und digitale Innovationen. „Andererseits sind drei Prozent der Unternehmen durch Cyberangriffe bereits in ihrer Existenz gefährdet worden und haben ernstzunehmende Schwierigkeiten bekommen.“

Lösegeldzahlungen schützen nicht vor Schaden

Es geht um viel Geld, allein für das vergangene Jahr schätzt Bitkom den Gesamtschaden bei deutschen Unternehmen auf 223 Milliarden Euro. Ein Rekordwert, der sich innerhalb weniger Jahre verdoppelt hat. Größer als der direkte finanzielle Schaden ist allerdings die Furcht vor Reputations- und Vertrauensverlust. Laut Bundeslagebericht Cyberkriminalität, der jedes Jahr vom Bundeskriminalamt (BKA) veröffentlicht wird, war das Jahr 2021 auch von einem Höchstwert bei den Delikten gekennzeichnet. 146.363 Delikte haben die Ermittler aufgeführt, von denen etwa 29 Prozent aufgeklärt werden konnten. Allerdings geht das BKA von einem riesigen Dunkelfeld aus, denn der größte Teil der Angriffe wird den Strafverfolgungsbehörden gar nicht gemeldet. Besonders bei den gefürchteten Ransomware-Angriffen, mit denen Unternehmen erpresst werden sollen, ist die Gefahr eines Vertrauensverlusts sehr hoch. Entsprechend zurückhaltend äußern sich Unternehmen zu Angriffen. Sie wählen nicht selten lieber den scheinbar einfacheren Weg und kommen Lösegeldforderungen nach, bevor sie einen Datenverlust in Kauf nehmen. Keine gute Idee, wie eine Untersuchung des US-Amerikanischen Unternehmes Cybereason zeigt. Denn die Täter geben sich oft nicht mit dem einmaligen Erpressungsversuch zufrieden. Mehr als 80 Prozent der betroffenen Unternehmen wurden trotz Zahlung der Lösegeldforderung ein zweites Mal erpresst, bei einem kleineren Teil gab es sogar einen dritten Erpressungsversuch.

Zu den bekannt gewordenen Attacken gehörte im vergangenen Jahr der Cyber-angriff auf den Textilkonzern Gerry Weber aus dem westfälischen Halle. Ende Juni bestätigte das Unternehmen einen entsprechenden Versuch, von außen Kontrolle über die IT-Systeme zu bekommen. Die Installation einer Ransom-Software konnte verhindert werden und nach Angaben des Unternehmens seien auch keine Daten entwendet worden. Zur Sicherheit mussten allerdings die betroffenen IT-Systeme heruntergefahren werden mit zeitweisen Auswirkungen auf die innerbetrieblichen Abläufe. Bei Gerry Weber ging man allerdings nicht einfach zur Tagesordnung über, sondern gründete eine Cyber Defence Cooperation (CDC), in der sich Bekleidungshersteller aus Deutschland austauschen können. Zahlreiche Unternehmen, darunter Branchengrößen wie S.Oliver, Peek & Cloppenburg, Deichmann und Hugo Boss, machen mit. „Nach dieser Attacke aus dem Netz haben wir festgestellt, dass der Wunsch nach Erfahrungsaustausch unter den IT-Abteilungen der Unternehmen immens groß ist“, begründet Stefan Beyler, CIO bei Gerry Weber, die Initiative. Die Unternehmen sollen untereinander ihre Erfahrungen weitergeben und voneinander lernen können. Dabei geht es vor allem um Prävention, wie Beyler betont.

Unternehmen unterschätzen die Bedrohungslage

Auch wenn der umfangreiche Schutz der IT- Systeme der entscheidende Schlüssel ist, um gegen Cyberangriffe gewappnet zu sein, die Wirklichkeit in der deutschen Unternehmenslandschaft sieht meist anders aus. Vor allem im Mittelstand ist der Nachholbedarf bei der IT-Sicherheit groß, unter anderem weil man dort die Gefahr häufig unterschätzt. Tatsächlich geht die Schere zwischen konkreter und wahrgenommener Gefahr weit auseinander. Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Versicherungsverbands GDV, schätzt, dass rund 80 Prozent der mittelständischen Unternehmen nicht einmal die Basisanforderungen an eine funktionierende IT-Sicherheit erfüllen. Der Verband sieht vor allem eine ungenügende Datensicherung und fehlende Notfallpläne als Schwachpunkte betrieblicher IT-Sicherheit. Zudem würden häufig fehlende Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten eine schnelle und angemessene Reaktion auf einen Angriff erschweren. Laut einer Studie des Analyseunternehmens IDC sind Unternehmen oftmals selbstsicherer, als es eigentlich angemessen wäre. Zwei Drittel der im Rahmen der Studie befragten Unternehmen glauben, ohne externen Beistand Bedrohungen ihrer IT-Systeme bewältigen zu können. Das verwundert, weil ebenso viele Unternehmen bereits Opfer einer Attacke waren. „Gemessen an der Häufigkeit von erfolgreichen Ransomware-Vorfällen ist eine solche Selbstsicherheit nicht gerechtfertigt“, sagt Marco Becker, Senior Consultant bei IDC. Denn auch wenn Unternehmen einen Angriff abwehren konnten oder sogar Lösegeld bezahlt haben, mussten sie oftmals Datenverluste und Störungen im IT-System hinnehmen.

Erfolgreiche Cyberangriffe ziehen zunehmend stärkere wirtschaftliche Folgen nach sich. So dauert es immer länger, bis die IT-Systeme nach einem Angriff wieder vollständig einsatzbereit sind. Zwar können die Unternehmen in rund einem Drittel aller Fälle nach einem Tag wieder normal arbeiten, bei 39 Prozent dauert die Wiederherstellung der vollen Arbeitsfähigkeit allerdings mindestens vier Tage. Unternehmen sind also gut beraten, wenn ihre IT-Systeme stabil und geschützt sind und sie für den Fall der Fälle klare Handlungsanweisungen festgelegt haben. Doch daran mangelt es, wie der Branchenverband Bitkom in einer repräsentativen Umfrage herausgefunden hat, bei der Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mindestens 1 Million Euro im Mittelpunkt standen. Demnach kann knapp jedes zweite Unternehmen auf einen solchen Notfallplan zugreifen, in dem die erforderlichen Maßnahmen, insbesondere die notwendigen Sofortmaßnahmen klar geregelt sind. Der Grund, warum sich nicht mehr Unternehmen auf einen Angriff einstellen, ist einfach. Viele Mittelständler glauben nicht, in den Fokus von Hackern und Cyberkriminellen zu geraten, weil sie sich für zu unbekannt halten und daher für zu uninteressant.

Eine fatale Fehleinschätzung, wie nahezu alle Zahlen zu Cyberangriffen zeigen. Auch im Praxisreport 2022 der Initiative „Deutschland sicher im Netz“ spricht man von einem deutlichen Anstieg der Angriffe auf mittelständische Unternehmen mit immer gravierenderen Auswirkungen, die in Einzelfällen – die allerdings auch zunehmen – existenzbedrohend sein können. Die Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz will neben Privatpersonen vor allem kleinere Unternehmen für die Risiken sensibilisieren und zu entsprechenden Vorkehrungen animieren. Das Bewusstsein dafür wächst, wie der Parlamentarische Staatssekretär Michael Keller betont, „doch viele kleine und mittlere Unternehmen sind noch nicht ausreichend vor Cyberrisiken geschützt.“ Häufig würden die Hackerangriffe gar nicht erkannt und auch Schwachstellen im IT-System seien häufig unbekannt.
 

Mitarbeiter für Cyberrisiken sensibilisieren

Es gibt also zahlreiche Handlungsfelder für IT-Fachkräfte in den Unternehmen, vor allem im Mittelstand. Laut Bitkom sind in erster Linie größere Unternehmen auf eventuelle Angriffe vorbereitet. Je kleiner das Unternehmen, umso weniger präventive Maßnahmen werden ergriffen. „Dabei ist bei der Abwehr eines Cyberangriffs Zeit eine ganz entscheidende Komponente“, sagt Simran Mann, Bitkom-Referentin für Sicherheitspolitik. Doch dafür braucht es nicht nur einen Notfallplan, sondern auch eine sensibilisierte Belegschaft. In diesem Punkt unterscheiden sich große und kleine Unternehmen kaum, überall kommen Schulungen zu Sicherheitsthemen zu kurz. Simran Mann hält das für einen Fehler, denn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind unter Umständen als erste mit Angriffen konfrontiert. Ihr Verhalten kann dann mitentscheidend dafür sein, ob ein Angriff erfolgreich ist oder erfolgreich abgewehrt werden kann. Doch in der Praxis wissen die Beschäftigten meist nicht, wie sie sich verhalten sollen.
Die Gründe für unzureichend geschützte IT-Systeme sind vielschichtig. Personalmangel und Budgetfragen sind dabei nur zwei Aspekte. In vielen Unternehmen arbeitet man noch die Auswirkungen der Corona-Pandemie ab, als schnell neue IT-Lösungen installiert werden mussten und das Thema Security dabei unter den Tisch fiel. Hinzu kommen immer komplexere IT-Landschaften, die auch in kleineren Unternehmen schnell unübersichtlich werden. Anwendungen von bis zu 20 verschiedenen Lösungsanbietern sind auch in kleineren Unternehmen keine Seltenheit, in größeren Unternehmen liegt die Zahl deutlich höher. Da können auch erfahrene IT-Experten den Überblick verlieren. Die Probleme liegen aber noch tiefer. „Über viele Jahre war Cybersicherheit vor allem ein Thema für die IT-Abteilung, mit dem das Management sich höchstens punktuell beschäftigen wollte. Das war und ist eine Fehleinschätzung“, sagt Andreas Lüning, Vorstand von G DATA CyberDefense. Sein Unternehmen veröffentlicht regelmäßig die Studie „Cybersicherheit in Zahlen“ und gießt deren Ergebnisse in einen Index zur Cybersicherheit. Corona und der Krieg in der Ukraine haben der Gefühlslage zugesetzt und für einen zweiprozentigen Rückgang des Index gesorgt. IT-Sicherheit beginnt mit der Technik, aber damit ist noch lange nicht genug getan, ist Lüning überzeugt und fordert auch vom Management ein Umdenken. „Gerade Führungskräfte müssen eine gute Fehlerkultur vorleben und Mitarbeiter ermutigen auch Fehler, welche die Sicherheit gefährden können, zu melden.“

Kein automatisches Vertrauen

Cybersecurity muss vermehrt ganzheitlich betrachtet werden, da sind sich nahezu alle Experten einig. Unternehmen, die vom IT-Sicherheitsgesetz 2.0 betroffen sind, müssen Lösungen einsetzen, die automatisch Angriffe erkennen können und somit helfen, die Komplexität bestehender IT-Systeme mit Blick auf deren Sicherheit in den Griff zu bekommen. In der Praxis kommt dabei immer öfter, aber noch viel zu selten, das Konzept Zero Trust zum Einsatz. Damit ist ein Sicherheitssystem gemeint, in dem es kein automatisches Vertrauen gibt und jeder Zugriff auf die Systeme verifiziert werden muss, auch, und das ist der Unterschied zu klassischen Sicherheitsarchitekturen, innerhalb des eigenen Netzwerks. In großen Unternehmen spielt Zero Trust eine immer bedeutendere Rolle, die in der Folge auch Auswirkungen auf die Liefer- und Wertschöpfungsketten hat und darüber im Mittelstand ankommt.
Und auch die kulturelle Dimension sollte eine größere Rolle spielen, weg von der reinen technischen Absicherung hin zu einem Verständnis von Cybersecurity, das als Basis einer modernen Unternehmensführung gilt, um sich sicher und erfolgreich im digitalen Raum zu bewegen. Das ist schwerer als gedacht, denn in der Praxis scheitern nicht wenige Unternehmen schon daran, sicherzustellen, dass ihre Beschäftigten sichere Passwörter nutzen und diese regelmäßig ändern. Mit der Haltung „das war schon immer so“ oder „das ist einfacher so“, setzen sich Unternehmen auch in Zukunft ungeahnten Risiken aus.

Dieser Text erschien zuerst auf inpactmedia.com und als Beilage in der Wirtschaftswoche.

Trau, schau, wem… | inpactmedia.com

Posted by Thomas Feldhaus in Allgemein
Zeitarbeit – eine Branche zwischen Mindestlohn und New Work

Zeitarbeit – eine Branche zwischen Mindestlohn und New Work

Mittwoch, der 17. Juni 2020 war ein Tag, an den man sich nicht nur in Rheda-Wiedenbrück noch lange erinnern wird und der erneute Auslöser für eine Debatte um bestimmte Formen ausbeuterischer Arbeit war. In einem Schlachthof der Firma Tönnies wurde der bis dahin europaweit größte Ausbruch von Infektionen mit dem neuartigen Corona-Virus festgestellt. Bei vier von fünf getesteten Mitarbeitern war der Befund positiv. Der Schlachthof musste sofort seine Arbeit einstellen und die gesamte Belegschaft testen lassen. Am Ende hatten sich 1413 Menschen mit dem Covid-19-Virus infiziert und wurden in Quarantäne geschickt. Auslöser für diesen Corona-Hotspot war die Umluft-Kühlanlage, die für eine ungehinderte Verbreitung der Viren sorgte. In den kommenden Wochen und Monaten traten immer neue Fälle in Schlachthöfen auf, nicht nur bei Tönnis in Rheda-Wiedenbrück, sondern in ganz Europa. Schlachthöfe so umzubauen, dass sie kein Ort ungehinderter Ausbreitung von Krankheitserregern sind, war eine der ersten Aufgaben, denen sich Betreiber und Politik stellen mussten. Doch die eigentlichen Herausforderungen lagen woanders. 

Ausbeuterische Formen der Beschäftigung sind in vielen Bereichen zu finden

Die Vorfälle in den Schlachthöfen haben ein Schlaglicht auf Beschäftigungsformen geworfen, die in Europa weit verbreitet sind und die zudem für unser wirtschaftliches und gesellschaftliches Zusammenleben von großer Bedeutung sind. Schlachthöfe sind nur ein Beispiel für ausbeuterische Formen der Arbeit, die auch in anderen Bereichen der Landwirtschaft zu finden ist und überall dort, wo wichtige Arbeit gemacht wird, aber nur geringe Löhne gezahlt werden. Die Vorfälle haben zudem gezeigt, wie eng Wertschöpfungsketten getaktet sind und Störungen weitreichende Folgen haben. Ein Schlachthof, der nicht mehr arbeiten kann, löst einen Rückstau in den landwirtschaftlichen Betrieben aus und führt schlussendlich zu leeren Regalen in den Supermärkten. Damit dieses System funktioniert und am Ende beispielsweise billiges Fleisch auf dem Teller landet, muss es viele Verlierer geben, teilweise in der direkten Nachbarschaft, aber teilweise auch in anderen Gegenden der Welt. 

Wirklich überraschend waren diese Ereignisse nicht. Schon lange sind problematische Beschäftigungsformen in zahlreichen Wirtschaftszweigen bekannt. Aber frei nach Bertholds Brechts Zitat aus der Dreigroschenoper „…die im Dunkeln sieht man nicht“, fehlte der politische Wille daran etwas zu ändern. Ausbeutbare Arbeitsbedingungen, überfüllte Unterkünfte, Arbeitstage, die bis zu 16 Stunden dauern und dennoch nur zu niedrigen Löhnen führen und durch illegale Lohnabzüge noch weiter reduziert werden, sind nur einige Ungerechtigkeiten, die der Europäischer Verband der Landwirtschafts-, Lebensmittel- und Tourismusgewerkschaften (EFFAT) in einem Bericht (Covid-19 outbreaks in slaughterhouses and meat processing plants) über fleischverarbeitende Betriebe in Europa aufführt. Hinzu kommen eine Perspektivlosigkeit und andauernde Arbeitsplatzunsicherheit. „Die Covid-19-Pandemie hat einem breiteren Publikum Probleme aufgedeckt, die EFFAT und seine Mitgliedsorganisationen seit vielen Jahren an die EU-Institutionen und die nationalen Regierungen richten“, sagte EFFAT-Generalsekretär Kristjan Bragason und hoffte, dass die Politik nun gewillt sei, für bessere Arbeitsbedingungen zu sorgen und unter anderem Mindestlöhne sicherstellt sowie Tarifverträge ermöglicht. Vor allem das in Deutschland nahezu perfekt organisiertes System mit Subunternehmen sei für die prekären Verhältnisse verantwortlich, und zwar über die Landesgrenzen hinaus. Bis zu 90 Prozent der Belegschaften in den fleischverarbeitenden Betrieben sind demnach nicht Angestellte des Unternehmens, sondern gehören zu einem der Subunternehmen. 

Ausbeutung Made in Germany – Aber es geht auch anders

In den vergangenen Jahren hat die Politik immer wieder versucht, den Schlupflöchern der Branche zu begegnen und das Geschäft mit der Ausbeutung zu erschweren. Dazu wurde beispielsweise die Fleischindustrie in das Entsendegesetz aufgenommen, damit die Arbeiter nach den hiesigen Standards inklusive Mindestlohn beschäftigt werden mussten und nicht mehr die Bedingungen ihres Heimatlands galten. Eine freiwillige Selbstverpflichtung der Branche sollte zudem dafür sorgen, Beschäftigte nur noch nach deutschem Arbeitsrecht zu beschäftigen. 2017 sorgte das Gesetz zum Schutz der Arbeitnehmerrechte in der Fleischwirtschaft für eine weitere Verschärfung und enthielt unter anderem das Verbot, die Kosten für Arbeitsmittel vom Lohn abzuziehen, mit denen die Betriebe bis dato versuchten, den Mindestlohn zu umgehen. Gebracht haben diese Maßnahmen wenig, unter anderem, weil sie schwer zu kontrollieren sind und Verantwortlichkeiten durch aneinandergereihte Subunternehmen kaum auszumachen sind. Dieses Modell „Made in Germany“ wird inzwischen europaweit kopiert und hat dadurch die Bedingungen für die Beschäftigten noch mal verschärft. 

Dass es auch anders geht, zeigen beispielsweise die nordischen Länder Dänemark und Schweden, in denen die Arbeiter in der Fleischindustrie bis zu 27 Euro in der Stunde verdienen können, egal aus welchem Land sie kommen. Die Vereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften regeln zudem eine ordentliche Unterbringung und die Regierung sorgt für eine vollumfängliche soziale Absicherung. In Summe sind die Arbeitskosten in Dänemark mit rund 69.000 Euro fast doppelt so hoch wie in Deutschland mit weniger als 32.000 Euro. Damit hat sich Deutschland seine Rolle als bedeutender Fleischexporteur erkauft und neben Arbeitnehmerrechten auch noch den Tierschutz verkauft.

Vielleicht ist Skandinavien ein Vorbild für die deutsche Politik. Auf jeden Fall hatte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil unmittelbar nach den Vorfällen in Rheda-Wiedenbrück angekündigt, nun endgültig in der Branche aufräumen zu wollen. Inzwischen hat der Bundestag das Arbeitsschutzkontrollgesetz verabschiedet und darin unter anderem ab dem 1. April 2021 den Einsatz von Leiharbeitern in der Fleischindustrie grundsätzlich verboten. Allerdings gilt in den ersten drei Jahren eine Ausnahme, um eventuelle Auftragsspitzen abfedern zu können. Dafür kann in einem Tarifvertrag der Einsatz von Leiharbeitern festgelegt werden, für die dann vom ersten Tag an der gleiche Lohn wie für die Stammbelegschaft gezahlt wird und deren Einsatz vier Monate nicht überschreiten darf. Zudem dürfen im Jahresmittel nicht mehr als acht Prozent der Belegschaft aus Leiharbeitern bestehen. Davon ausgenommen sind handwerkliche Betriebe, die nicht mehr als 49 Mitarbeiter beschäftigen. 

Imageschaden mit weitreichenden Konsequenzen

Die Vorfälle rund um die fleischverarbeitende Industrie bringt eine ganze Branche in Misskredit, die seit einigen Jahren versucht, Verantwortung zu thematisieren, die Fehlentwicklungen, die nicht zuletzt auch durch politische Entscheidungen entstehen, zu beseitigen und insgesamt die Rolle als „ganz normales Unternehmen“ zu vermitteln. Nach Zahlen der Bundesagentur für Arbeit waren im Jahr 2020 durchschnittlich 781.000 Leiharbeitnehmer und Leiharbeitnehmerinnen in Deutschland sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Hinzu kommen noch etwa 108.000 geringfügig Beschäftigte. Damit sind rund 2,2 Prozent aller Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Deutschland in der Zeitarbeitsbranche tätig, ein leichter Rückgang gegenüber dem Vorjahr. 

Um die Herausforderungen der Branche zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf die Tätigkeitsfelder und Qualifikationen der Mitarbeiter. Mit einem Anteil von 38 Prozent werden Zeitarbeitskräfte immer noch zu einem großen Teil in der Produktion eingesetzt, auch wenn dieser Bereich seit vielen Jahren rückläufig ist. Und zwar zugunsten des Dienstleistungssektors, in dem rund 34 Prozent der Kräfte eingesetzt werden. Mit 15 Prozent rangieren die sogenannten personenbezogenen Dienstleistungen, zu denen beispielsweise die Pflegeberufe zählen, auf dem dritten Platz. Deutlich abgeschlagen sind Zeitarbeitsverhältnisse im kaufmännischen Bereich und in der Informationstechnologie. Diese Verteilung korrespondiert in umgekehrter Reihenfolge mit der Qualifikation, denn der Anteil an Experten mit einem akademischen Abschluss bildet bislang die kleinste Gruppe der Zeitarbeiter. 

Doch das könnte sich in Zukunft ändern, denn die fortschreitende Digitalisierung verändert Arbeitsprozesse und damit die Anforderungen an qualifiziertes Personal. Zwar ist die klassische Arbeitnehmerüberlassung eines der wichtigsten Geschäftsfelder und wird es erst mal bleiben, insbesondere in der Logistik und im Gesundheitswesen. Neue Geschäftsbereiche wie etwa Interimsmanagement, Projektgeschäfte und Personalvermittlung werden aber eine immer größere Rolle für die etablierten Zeitarbeitsunternehmen spielen, wie eine aktuelle Lündendonk-Umfrage zeigt. Der Bedarf nach flexibel einsetzbarem Personal ist hoch und setzt damit Impulse für neue Geschäftsmodelle. Dabei kommen die Unternehmen durchaus zu kreativen Lösungen, denn inzwischen ist selbst der temporäre Einsatz von Kollege Roboter im Rahmen der Zeitarbeit möglich. 

Arbeitgeberattraktivität wird zum wettbewerbsentscheidenden Kriterium

Für die Zeitarbeitsbranche bedeuten die Trends am Arbeitsmarkt große Herausforderungen. Sie müssen auch in Zukunft marktgerechte Dienstleistungen anbieten können, um dem Bedarf der Wirtschaft nach Zeitarbeitskräften Lösungen anbieten zu können. Sie befinden sich aber ebenso im Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiter, die ihrerseits hohe Ansprüche an ihren zukünftigen Arbeitgeber stellen. Arbeitgeberattraktivität wird damit auch für Zeitarbeitsunternehmen zum wettbewerbsentscheidenden Kriterium. Entsprechend versuchen die großen Anbieter wie Randstadt, Adecco oder Manpower über eine CSR-Strategie ihre Attraktivität zu erhalten bzw. zu steigern. In ihren Nachhaltigkeitsberichten haben die Unternehmen folglich auch Themen, wie Qualifizierung, Diversität, Inklusion und Vereinbarkeit als wesentliche Handlungsfelder bestimmt, Themen wie sie auch im Ethik-Kodex des Branchenverbandes iGZ formuliert sind. 

Dass die Branche auch einen relevanten gesellschaftlichen Beitrag leisten kann, hat sich bei der Integration Geflüchteter gezeigt. Oft war die Zeitarbeit der Einstieg in eine Beschäftigungsmöglichkeit und der Anfang einer beruflichen Integration durch Qualifikation und gleichberechtigter Teilhabe. Das Unternehmen Social Bee hat daraus sogar ein gemeinnütziges Zeitarbeit-Modell entwickelt und sich ganz auf die Integration spezialisiert. Es könnte eine Blaupause für andere Unternehmen sein, denn was das Münchner Startup leistet, geht weit über die eigentliche Arbeitnehmerüberlassung hinaus. Social Bee versucht den Unternehmenskunden die Integrationsleistung weitgehend abzunehmen und ihnen motivierte und qualifizierte Kandidaten vorzustellen. Dadurch werden in den Unternehmen Einstiegshindernisse abgebaut und den Geflüchteten neue Türen geöffnet. Im Idealfall finden beide Parteien auch für ein längeres Engagement zusammen. Das klappt tatsächlich in über 80 Prozent der Fälle.

Doch oft werden die positiven Aspekte der Zeitarbeit von den negativen Auswüchsen überschattet und beschädigen damit nicht nur das Image der Branche, sondern erschweren auch deren Anpassung an zukünftige Herausforderungen. Equal Payment und die Höchstüberlassungsdauer sind zwei Aspekte, die immer wieder im Fokus politischer Regulierung stehen. Sie helfen geringer qualifizierten Zeitarbeitern, blockieren aber oftmals die Möglichkeiten, Zeitarbeit für höher qualifizierte Beschäftigte interessant zu machen. So steht die Branche auch in den kommenden Jahren vor ihrer größten Aufgabe und muss ganzheitliche Geschäftsmodelle entwickeln, die den individuellen Bedürfnissen der Beschäftigten Rechnung tragen, gleichzeitig, aber wichtige gesellschaftliche und wirtschaftliche Trends aufnehmen. 

Dieser Text erschien zuerst im CSR-Magazin und auf csr-news.

Posted by Thomas Feldhaus in Allgemein
myvélo – Sportliche E-Bikes aus regionaler Produktion 

myvélo – Sportliche E-Bikes aus regionaler Produktion 

Für die kommende Saison haben Fabian und Vincent, die Gründer von myvélo, ihre Modellpalette um neue sportliche E-Bikes in frischen Farben erweitert. Die E-Trekkingräder und E-Mountainbikes mit Namen wie Denver, Himalaya oder Palermo stammen alle aus heimischer Produktion und können neben einer soliden Ausstattung mit urbanem Style überzeugen.  

Trotz hoher Qualitäts- und Designansprüche kann myvélo die Bikes zu einem erschwinglichen Preis anbieten. „Wir wollen zeigen, dass sich hochwertige E-Bikes in Deutschland produzieren lassen“, so Fabian Huber. In der mittelständische geprägten, aber hoch technologisierten Wirtschaft der Region haben sie dafür Zulieferer gefunden, mit denen dieser Anspruch realisiert werden kann. „Das ist nicht nur nachhaltiger, sondern erleichtert uns auch die Qualität unserer Bikes sicherzustellen“, sagt Fabian Huber. „Unsere Heimat der Schwarzwald bietet uns dafür ideale Bedingungen.“ Deshalb können die beiden Gründer ihre E-Bikes mit Stolz als Qualität „Made in Black Forrest“ anbieten. 

Wettkampferprobtes Know-how 

Die Idee zur Gründung von myvélo haben Fabian und Vincent auf ausgedehnten Radfahrten mit dem Rennrad geschmiedet. Als ambitionierte Radsport-Amateure haben sie bei Wind und Wetter viele Stunden auf dem Fahrrad zugebracht und sind für das Radsport-Team Rothaus in der Rennrad-Bundesliga um Siege gefahren. Zuverlässiges Material und solide gebaute Fahrräder haben sie dabei zu schätzen gelernt. Deshalb war es nur noch ein kleiner Schritt, die gesammelten Erfahrungen und den Wunsch, Beruf und Leidenschaft miteinander zu verbinden, mit einem eigenen Unternehmen zu realisieren. Seit 2018 ist myvélo nun am Start und hat sich auf hochwertige und sportliche E-Bikes spezialisiert. Dabei steht immer der Spaß mit den E-Bikes im Mittelpunkt und stylish aussehen sollen die Räder auch noch. 

Mit den neuen Tourern die Umgebung erkunden 

Die Trekking-E-Bikes Milano und Ibiza sind für die lange Strecke gebaut. Durch die ausgewogene Rahmengeometrie und ein sicheres Handling sind auch lange Stunden im Sattel kein Problem. Dabei geht es auf jedem Terrain komfortabel vorwärts, egal ob Schotterpiste, Waldweg oder Straße. Ausgestattet mit 27,5 Zoll Super Moto-X Ballonreifen von Schwalbe machen die Trekking-E-Bikes Milano und Ibiza auf jedem Untergrund eine gute Figur. Für den zügigen Vortrieb sorgt der Shimano Mittelmotor, je nach Modell entweder der Steps E 8000 mit 75 Nm, oder der Steps E 6100 mit 60 Nm. Die Trekking-E-Bikes sind alle mit hydraulischen Scheibenbremsen, LED-Licht, Schutzblechen sowie einem selbst entwickelten, leichten Gepäckträger ausgestattet und lassen sich deshalb für den täglichen Weg zur Arbeit ebenso komfortabel nutzen, wie am Wochenende bei einer längeren Tour. Mit den E-Bikes Milano und Ibiza bietet myvélo ein langstreckentaugliches Fahrrad für jedermann. Während das Milano mit einem klassischen Diamantrahmen ausgestattet ist, bietet das Ibiza mit seinem tiefen Einstieg auch für ältere Radfahrer viel Komfort und ein sicheres Handling.  

Die MTBs für noch mehr Spaß 

Wer es auf den Trails richtig krachen lassen will, ist bei den Modellen Himalaya, Palermo und Denver gut aufgehoben. Die leichten Hardtails sind die idealen Wegbegleiter für sportlich ambitionierte Radfahrer, die gerne auch mal abseits befestigter Wege unterwegs sind. Je nach Modell sind die E-MTBs mit einer Starrgabel oder Luftfederung ausgestattet, die auch in anspruchsvollen Downhill-Passagen für sicheres Handling und Spurtreue sorgen. Doch auch Uphill machen die Hardtails eine gute Figur und werden von den Shimano Mittelmotoren Steps E8000 (70 Nm) oder dem sehr fein ansprechenden, nahezu geräuschlosen Steps EP8 (85 Nm) nahezu jede Steigung nach oben geschoben. Für die nötige Ausdauer sorgt der Akku mit 504 Wh, mit dem sich auch Ausfahrten mit 100 Kilometer Länge locker bewältigen lassen. Das macht vor allem mit dem besonders leisen Shimano-Leistungsträger EP8 sehr viel Spaß. Für den cleanen Look sorgen die innen verlegten Brems- und Schaltzüge, die dadurch auch vor Schmutz und Wasser geschützt sind.  

Sicher unterwegs mit den Equipped-Modellen 

Weil immer mehr Kunden nach einem alltagstauglichen Hardtail gefragt haben, wurde die Modellpalette um die Equipped-Varianten erweitert. Das Himalaya und das Palermo sind in dieser erweiterten Ausstattung verfügbar und gelten somit als die SUVs unter den myvélo E-MTBs. Wozu sich entscheiden, wenn ein Fahrrad beide Disziplinen beherrscht. Beim Bikepacking oder dem Overnighter ist Fahrspaß und Ausdauer garantiert, für den täglichen Weg zur Arbeit sind alle Helferlein verbaut, die sicheres und auch sauberes Commuting ermöglichen. Natürlich können die beiden Modelle ihre sportliche Abstammung nicht verbergen, denn die haben sie von den namensgebenden Modellen geerbt. Zusätzlich sind sie mit leichtem Gepäckträger, robusten Schutzblechen und einer leistungsstarken busch+müller IQ-Beleuchtung ausgestattet, die mit 70 Lux und integrierter Tageslichtfunktion immer für ausreichend Sichtbarkeit sorgt. 

Mit den kompakten E-Klapprädern auf Reisen 

Mit Klappis hat bei myvélo alles angefangen und so können die aktuellen E-Klappräder Rio und Palma den Erfolg ihrer Vorgänger fortsetzen. Auch die neuen Modelle setzen auf den bewährten Klappmechanismus, der eine einfache Unterbringung beispielsweise in einem Wohnmobil ermöglicht und mit wenigen Handgriffen zu einem vollwertigen Fahrrad ausgeklappt werden kann. Beide Modelle sind einem Hinterrad-Nabenantrieb und einem Akku der neuesten Generation ausgestattet, mit dem sich kurze Strecken ebenso bewältigen lassen wie etwas längere Ausflüge am Urlaubsort. Mit den 20 Zoll breiten Reifen kann die Tour gleichermaßen komfortabel auf Asphalt, Waldwegen oder Schotterstrecken zurückgelegt werden. Die Vollausstattung mit Beleuchtung, Schutzblechen und hydraulischen Scheibenbremsen sorgen dabei jederzeit für gute Sichtbarkeit und sicheres Handling.  

Diesen PR-Text habe ich für einen regionalen Fahrradhersteller geschrieben.

Posted by Thomas Feldhaus in Allgemein
Silos einreißen – Nachhaltigkeit im Produktmarketing

Silos einreißen – Nachhaltigkeit im Produktmarketing

Don’t Buy This Jacket! Als im November 2011 eine großformatige Anzeige in der New York Times davon abriet das beworbene Produkt zu kaufen, war dem Urheber, das kalifornische Unternehmen Patagonia, die Aufmerksamkeit gewiss. Marketing-Experten sprachen von brillant oder einem genialen Schachzug. Denn der Outdoor-Ausrüster Patagonia setzte nicht nur auf Effekthascherei, sondern lieferte die Begründung gleich mit. Trotz aller Bemühungen, heißt es in der Anzeige, sei die Umweltbelastung jedes Produktes erheblich. Allein für die Herstellung der abgebildeten Jacke würden 135 Liter Wasser benötigt und es würden fast 9 Kilogramm CO2 verursacht. Außerdem würde der produzierte Abfall rund zwei Drittel des Gewichts der Jacke entsprechen, obwohl sie nach höchsten Qualitätsnormen aus 60 Prozent Recycling gefertigt sei. „Doch wie bei allen Dingen, die wir herstellen und die Sie kaufen, ist der Preis für die Umwelt höher als der Ladenpreis“, lautete der Schlusssatz der Anzeige.

Selten wird der eigene Nachhaltigkeitsanspruch eines Unternehmens so konsequent vom Marketing aufgegriffen und umgesetzt – und das mit Erfolg. Denn trotz der offensichtlichen Konsumkritik, war die Aktion erfolgreich und führte zu steigenden Umsätzen. Dabei meint es Patagonia ernst. Die erklärte Absicht ist es, dass die Kunden Ihre Produkte so lange wie möglich nutzen sollen. In einer Zeit, in der Textilien zu Wegwerfartikeln werden, mutet der Anspruch fast archaisch an. Doch Patagonia hat diesen Anspruch längst zum Geschäftsprinzip erhoben und mit dem „Worn Wear Programm“ alltagstauglich gemacht. Im amerikanischen Reparaturwerk des Unternehmens werden jedes Jahr mehr als 45.000 Kleidungsstücke wieder repariert. Zudem wurden weltweit Reparaturstationen aufgebaut, wo die Kunden die Lebensdauer ihrer Jacken und Hosen verlängern lassen können. Reparieren sei ein fundamentaler Akt, betont Patagonia-CEO Rose Marcario immer wieder. In diesem Jahr wurde das Unternehmen, während des Weltwirtschaftsforums in Davos, dafür mit dem „Accenture Strategy Award for Circular Economy Multinational“ ausgezeichnet. Dabei sei man noch ganz am Anfang, hätte gerade erst die Oberfläche der Möglichkeiten eines Kreislaufmodells angekratzt, sagte Ryan Gellert, Europa-Chef von Patagonia bei der Auszeichnung.

Fehlende Transparenz

Patagonia ist mit diesem Konzept erfolgreich, hat sich bei den Konsumenten ein Vertrauen als nachhaltige Marke aufgebaut. Doch ist tatsächlich begründet, was auf den ersten Blick scheint? Mit solchen Fragen beschäftigt sich die niederländische Organisation „rank a brand“. Sie schauen was hinter den Nachhaltigkeitsversprechen bekannter Marken steckt. Patagonia wird von ihnen mit einem C (Stand 2015) bewertet, also einer mäßigen Bewertung, allerdings gleichauf mit vielen weiteren Outdoor-Marken. Die Gründe liegen nicht im mangelhaften Nachhaltigkeitsengagement, sondern vielmehr in der teilweise fehlenden Transparenz, beispielsweise zur Klimabilanz.

Nachhaltigkeit ist für Marketingabteilungen wieder attraktiv

In deutlichen Worten auf die Schwachstellen des eigenen wirtschaftlichen Handelns hinweisen, käme sicher nur wenigen Markenherstellern in den Sinn. Doch es ist genau dieses Spannungsfeld, in dem sich Nachhaltigkeitsmarketing bewegt. Nachhaltigkeitsmarketing wird immer auch als eine Art Fortsetzung oder Weiterentwicklung des Ökomarketings verstanden, so wie es in den 1990er-Jahren verbreitet war. Öko ohne Inhalt, Schein statt Sein, kennzeichnen diese Phase. Und es fehlte noch ein breites, kaufbeeinflussendes Bewusstsein der Konsumenten. So verloren Marketingabteilungen das Interesse an Nachhaltigkeit und widmeten sich vielversprechenderen Themen. Nachhaltigkeit wurde eher zum Thema der Unternehmenskommunikation. Doch das ändert sich gerade: „Nachhaltigkeit ist heute, nach längerer Durststrecke, für die Marketingabteilungen wieder attraktiv“, sagt Norbert Taubken, Business Direktor bei Scholz&Friends Reputation in Berlin. Nicht zuletzt, weil immer mehr Verbraucher fair und ökologisch hergestellte Produkte bervorzugen. Taubken hat mit seinem Team einen „Nachhaltigkeitssensor“ entwickelt, mit dem Marketingabteilungen Stärken und Schwächen ihrer Produktmarken identifizieren können. Ziel ist ein Produktmarketing mit glaubwürdigen Nachhaltigkeitsbotschaften.

Markenversprechen müssen überprüfbar sein

Genau an dieser Stelle liegt der Schlüssel für erfolgreiches Nachhaltigkeitsmarketing. Das zeigen auch die Ergebnisse des jährlich, von der Agentur Serviceplan, veröffentlichten „Sustainablity Image Score (SIS)“. Mit dem SIS wird sichtbar, wie sich Nachhaltigkeit auf das Image von Unternehmen auswirkt und mit welcher Kaufbereitschaft die Konsumenten dem folgen. Dabei werden alle drei Dimensionen der Nachhaltigkeit betrachtet, vom verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen, über faire Geschäftspraktiken bis zur wahrgenommenen gesellschaftlichen Verantwortung. Die letzte Untersuchung aus dem Jahr 2016 bestätigt die zunehmende Verbindung von Produkt und Nachhaltigkeitsimage. Die Konsumenten urteilen sensibler. Markenversprechen und eigene Wahrnehmung müssen übereinstimmen. Authentizität wird zum beherrschenden Thema im Nachhaltigkeitsmarketing, zumal, so ein Ergebnis, Nachhaltigkeit zunehmend dem Produkt zugeordnet wird. „Erkennbar ist womöglich eine erste Tendenz, dass einige Nachhaltigkeitsaspekte nicht mehr separat bewertet werden, sondern der Produktqualität zugerechnet werden“, heißt es im 2016-er SIS-Ranking. Das Problem dabei: Erfolgreiche Nachhaltigkeitsbemühungen werden von den Konsumenten zwar goutiert, Verfehlungen aber umso gravierender bestraft. Die Kunden würden genau beobachten, welche Haltungen ein Unternehmen vertritt und wie es diese kommuniziert. Bedeutet: An erster Stelle steht ein konsequentes Nachhaltigkeitsengagement und erst an zweiter Stelle die Kommunikation darüber. Patagonia hat im 2016er-SIS-Ranking übrigens den vierten Platz belegt.

Nachhaltigkeitsbotschaften mit Fakten belegen

Eine der Grundweisheiten im Produktmarketing fordert ein klares Markenprofil. Nur so kann die Markenbotschaft beim Kunden ankommen. Doch das ist leichter gesagt als getan, insbesondere wenn die Markenbotschaft Nachhaltigkeitsaspekte enthält. „Nachhaltigkeitseigenschaften werden oft ohne inhaltliche Fundierung eingesetzt“, sagt Norbert Taubken. Das birgt Risiken, denn wahllose Botschaften, abgegriffene Claims oder beliebige Siegel zahlen nicht auf eine Marke ein, können, im Gegenteil, sogar deren Glaubwürdigkeit beschädigen. Vor allem wenn die Botschaft keiner Überprüfung standhält. Denn es sind nicht nur kritische Verbraucher, die Nachhaltigkeitsbotschaften in Frage stellen. Vor allem NGOs schauen genau hin und scheuen auch vor öffentlichkeitswirksamen Kampagnen nicht zurück. Zahlreiche Unternehmen mussten diese Erfahrung schon machen. Verhindern lässt sich das nur, wenn Nachhaltigkeitsbotschaften mit Fakten belegbar sind, ist Norbert Taubken überzeugt. Deshalb rät er Unternehmen auch auf Kritik vorbereitet zu sein.

Für manche Marketingabteilung eine Herausforderung, bedeutet es doch, ein Verständnis für die besonderen Anforderungen der Nachhaltigkeitskommunikation zu entwickeln. Die findet auf zwei Ebenen statt, mit unterschiedlichen Adressaten. „Marktorientierte Kommunikation richtet sich an Verbraucher“, so Taubken. „Sie muss notwendigerweise das komplexe Thema Nachhaltigkeit abstrahieren und vereinfachen, darf aber nicht verfälschen.“ Im Gegensatz dazu die Corporate Communication, die sich an Meinungsbildner richtet – Medien, Investoren, NGOs, Politik und Verbände. Taubken: „Auf dieser Ebene müssen Unternehmen zwingend Transparenz zeigen und differenzieren.“ Zwei Aspekte die in der marktorientierten Produktkommunikation kaum geleistet werden können. Dieser Spagat ist die neue Aufgabe für das Nachhaltigkeitsmarketing, denn beide Kommunikationsformen bedingen einander. Taubken: „Ich kann nur davor warnen, irgendeinen Nachhaltigkeitsaspekt herauszugreifen und für das Marketing zu verwenden.“ Es reicht heute nicht mehr aus, einem Produkt einen „grünen Aufkleber“ anzuheften.

Stärken und Schwächen der einzelnen Produkte kennen

An dieser Stelle setzt der Nachhaltigkeitssensor an. Er soll helfen, die Produkte zu identifizieren, die sich für ein nachhaltigkeitsorientiertes Produktmarketing eignen. „Die beste Nachhaltigkeitsaussage lässt sich aus einem Produkt ableiten“, so Taubken. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, Stärken und Schwächen der einzelnen Produkte zu kennen. Nur wenn sich die Nachhaltigkeitsperformance belegen lässt, also auch kritischen Nachfragen standhält, ist ein Produkt für das Nachhaltigkeitsmarketing geeignet. Weist die Performance vereinzelt Schwächen auf, die kurzfristig verbessert werden können, kommt ein Produkt als Aspirant in Frage. Ist eine Nachbesserung in kurzer Zeit nicht möglich, sollten Unternehmen diese Produkte nicht für das Nachhaltigkeitsmarketing auswählen. „Die entscheidende Währung ist die Glaubwürdigkeit“, so Taubken. Für Experten bedeutet das vor allem Transparenz, bei Kunden entsteht Glaubwürdigkeit dagegen durch Kontinuität. Taubken nennt das intuitive Glaubwürdigkeit. Produktbotschaft und die eigene Wahrnehmung müssen im Einklang sein – genau der Aspekt der durch den SIS bestätigt wird.

Möglichst tief in die Wertschöpfungskette blicken

Damit das gelingen kann, muss die gesamte Wertschöpfungskette eines Produkts auf den Prüfstand. „Es reicht nicht einzelne Aspekte zu betrachten“, so Taubken. „Denn nur wenn alle Aspekte berücksichtigt sind, kann ein Produkt eine glaubwürdige Nachhaltigkeitsbotschaft vermitteln.“ Unternehmen sollten also möglichst tief in die Wertschöpfungskette blicken. Woher stammen die Rohstoffe? Nach welchen Standards arbeiten meine Zulieferer? Welche Klimabelastung wird durch die Logistik verursacht? Lassen sich diese Punkte beantworten und belegen, können sie auch kritischen Nachfragen standhalten. Der Nachhaltigkeitssensor hält Marketingabteilunge dazu an, das Thema Nachhaltigkeit in der ganzen Breite zu erfassen. Taubken: „Dabei wird man schnell feststellen, an welchen Stellen ein Unternehmen bereits gute Resultate vorweisen kann und wo man sich noch ‚auf dem Weg‘ befindet.“

Diese Punkte, die vereinbarten Ziele und Maßnahmen lassen sich auf der Unternehmensebene auch kommunizieren, um die Informationsbedürfnisse der Experten zu erfüllen. Auf der Ebene der verbraucherorientierten Produktkommunikation gelingt dies nicht. Taubken: „Dafür muss genau selektiert werden, an welcher Stelle man welche Form von belegbaren Aussagen treffen kann“. Der Nachweis, beispielsweise für interessierte Kunden, findet dann auf einer zweiten Kommunikationsebene statt.

Das Nachhaltigkeitsmarketing muss also mindestens drei Kommunikationsebenen bedienen. Gegenüber Experten braucht es Detailinformationen, etwa in Form eines Nachhaltigkeitsberichts, für interessierte Konsumenten die allgemeinverständliche Aufarbeitung des Komplexen. In der direkten Produktkommunikation ist dann Einfachheit – allerdings ohne Belanglosigkeit – von zentraler Bedeutung.

Doch wie reduziert man ein komplexes Thema, wie es Nachhaltigkeit zweifelslos ist, ohne dabei in stereotype Produktbotschaften wie grün, fair, regional oder ähnliches zu verfallen. „Versuchen sie in Aktivierung zu denken“, rät Norbert Taubken. Wenn es gelingt, Kunden mit auf den Weg zu nehmen, um beispielsweise gemeinsam einen Beitrag für die Reduzierung des CO2-Ausstosses zu leisten, sei dies ein großer und wirksamer Hebel für erfolgreiches Nachhaltigkeitsmarketing. „Die Frage ist also, mit welchen Themen man seine Kunden erreichen, vielleicht begeistern und zum Mitmachen bewegen kann.“

Aus bitterer Erfahrung gelernt

Schon seit langer Zeit geht die Brauerei Krombacher diesen Weg und hat damit die ganze Bandbreite möglicher Erfahrungen gesammelt. 2002 mit dem Regenwaldprojekt ging man noch baden. „Saufen für den Regenwald“ wurde innerhalb kurzer Zeit zum unfreiwilligen Claim und damit verbunden der Vorwurf des Greenwashing. Selbst die Werbeaussage „Ein Kasten Bier für einen Quadratmeter Regenwald“ bestand die Prüfung vor dem Oberlandesgericht Hamm nicht. Und auch die üppigen Honorare für Testimonial Günther Jauch befeuerten den Greenwashing-Vorwurf. Tatsächlich hatte Krombacher den Vorwürfen anfangs wenig entgegenzusetzen – doch im beschaulichen Kreuztal hat man schnell dazugelernt.

Inzwischen hat Krombacher seine Hausaufgaben gemacht und veröffentlicht regelmäßig einen Nachhaltigkeitsbericht. Dem Regenwaldprojekt folgte 2011 das Klimaschutzprojekt mit etwas anderer Ausrichtung. Zwar kooperiert man wieder mit dem WWF, verzichtet aber auf die Koppelung mit dem Abverkauf der Getränke. Die kam beim inzwischen dritten Projekt wieder zum Einsatz. Ein Kasten Bier für einen Quadratmeter Heimat hieß die Losung für den viermonatigen Aktionszeitraum des Artenschutzprojekts. Gemeinsam mit WWF, Deutscher Umwelthilfe und NABU sollte der heimische Artenschutz unterstützt werden. Unabhängig vom Verkauf mit mindestens 1,5 Millionen Euro – tatsächliche kamen mehr als 1,8 Millionen Euro zusammen. Krombacher ist es gelungen, die Marke mit Nachhaltigkeitsaspekten aufzuladen und selbst Kritiker zu besänftigen. Immerhin leistet die aus dem Regenwaldprojekt hervorgegangene Stiftung (3,7 Millionen Euro Stiftungskapital) bis heute aktive Naturschutzarbeit in Afrika.

Während sich viele Unternehmen nach den bitteren Erfahrungen vermutlich lautlos aus dem Projekt zurückgezogen hätten, setzte Krombacher auf das Gegenteil und machte sich „auf den Weg“. Heute kann man entscheidende Fortschritte in der eigenen Wertschöpfungskette vorweisen. Sicher ist Krombacher immer noch kein Nachhaltigkeitspionier, aber innerhalb der Branche längst zum Vorreiter geworden. Das goutieren Verbraucher ebenso wie Kritiker.

Eine solche Kehrtwende im Denken und Handeln erfordert das Zusammenwirken unterschiedlichster Akteure. Hier liegt eine Zukunftsaufgabe für die Marketingabteilungen, sie müssen in den Unternehmen die Silos einreißen. „Holen Sie sich die im Unternehmen vorhandene Kompetenz ins Boot“, rät Norbert Taubken. Doch diese Kultur des Mitdenkens anderer Kompetenzbereiche gibt es beim Thema Nachhaltigkeit noch nicht. „Da muss noch ein Lernen stattfinden“, so Taubken. „Aber wir werden in den nächsten Jahren Unternehmen sehen, die damit erfolgreich sind und das wird zu Nachahmer-Effekten führen.“

Dier Text wurde zuerst im CSR-Magazin veröffentlicht.

Nachhaltigkeit im Produktmarketing
Nachhaltigkeit im Produktmarketing
Posted by Thomas Feldhaus in Allgemein
Talentmanagement: Finden und binden

Talentmanagement: Finden und binden

Grünheide in Brandenburg, rund 40 Kilometer südöstlich vor Berlin gelegen. 7.800 Einwohner leben in der kleinen Stadt, inmitten von Wäldern und Seen. Kein Ort, den High Potentials für ihre Karriere auf dem Zettel haben, doch genau hier sollen zukünftig die Besten ihres Fachs arbeiten. Die Überzeugungsfähigkeit von Headhuntern und HR-Experten würde dafür nicht ausreichen. Um leistungswillige junge und auch erfahrenere Mitarbeiter hierherzulocken braucht es mehr. Geld kann helfen, würde aber nicht ausreichen. Vielmehr braucht es den Spirit der Einzigartigkeit, das begründete Versprechen, an etwas Großem mitzuwirken und zum Kreis der Auserwählten zu gehören.

Wer könnte diesen Anspruch besser einlösen als der US-amerikanische Unternehmer Elon Musk? Für seine Gigafactory im brandenburgischen Grünheide werden Hunderte neuer Mitarbeiter benötigt. Jeder Einzelne von ihnen muss dem Anspruch Musks genügen. „Unsere Mission begeistert die besten und hellsten Köpfe der Welt und bringt sie zu uns, um an dieser Zukunft mitzuwirken“, lautet denn auch das vollmundige Versprechen des Unternehmens. Dafür kommt der Chef auch mal eingeflogen und führt die Bewerbungsgespräche persönlich durch. Ihn interessieren nicht Noten und Universitätsabschlüsse, ihn interessiert, wie die Bewerber mit Problemen umgehen.

Damit ist Elon Musk vielen Unternehmen einige entscheidende Schritte voraus. Wer für eine Sache brennt, über die erforderlichen persönlichen Fähigkeiten verfügt und das fachliche Rüstzeug mitbringt, ist zweifellos ein Talent. Genau solche Mitarbeiter brauchen und wollen Unternehmen. Sie zu finden und ans Unternehmen zu binden ist die vordringlichste Aufgabe des Talentmanagements und zugleich ihre schwierigste. Für HR-Manager keine Neuheit und alltägliches Geschäft, bei den CEOs wird das Thema dagegen meist niedriger priorisiert.

Doch genau an diesem Punkt hat die Corona-Krise zu einem rapiden Umdenken beigetragen, wie der CEO Outlook 2020 der Beratungsgesellschaft KPMG zeigt. Mitten in der Pandemie wurde erneut ein Stimmungsbild unter Europas Unternehmenslenkern eingeholt. Noch zu Beginn des Jahres 2020 standen der Umwelt- und Klimaschutz als größtes unternehmerisches Risiko auf Platz eins der Agenda. Nur wenige Monate später und eine Pandemie weiter sehen die Chefs nun die größten Risiken für den zukünftigen Erfolg ihres Unternehmens in der Rekrutierung und Bindung qualifizierter Mitarbeiter noch vor Risiken in der Lieferkette. Von einem beispiellosen Schwenk spricht Angelika Huber-Straßer, Bereichsvorständin von KPMG Deutschland. Noch am Anfang des vergangenen Jahres haben nur ein Prozent der befragten Manager beim Personal einen erhöhten Handlungsbedarf gesehen, wenige Monate später waren es 21 Prozent.

Eine Entwicklung, die auch durch den aktuellen Talent-Klima-Index der Hochschule Fresenius gestützt wird. Anders als vielleicht zu vermuten, steht in der Krise nicht der Personalabbau im Fokus der HR-Verantwortlichen, sondern die sogenannte Talentretention,die Mitarbeiterbindung. Die Unternehmen stellen sich die Frage, wie sie ihre Talente trotz Distanz und Krise halten können. Tatsächlich ist der Kontakt zwischen Management und Mitarbeitern in den meisten Unternehmen durch Homeoffice und neue Formen der digitalen Zusammenarbeit eher enger geworden. Dabei zeigte sich die Flexibilität der Mitarbeiter und die Nutzung neuer Technologien als entscheidende Faktoren, mit denen sich die Auswirkungen der Krise meistern lässt. Das dürfte für die weiteren Entwicklungen im HR-Management der Unternehmen nicht ohne Folgen bleiben. Denn flexible Arbeitszeitmodelle sind ein zentraler Baustein des New Work und werden vor allem von den nachrückenden High Potentials eingefordert. Unternehmen, die zukünftig als Arbeitgeber interessant sein wollen, müssen sich darauf einstellen und den Mitarbeitern die nötigen Entfaltungsspielräume bieten.

Deshalb gehört heute ein wirksames Talentmanagement zwingend in die Unternehmensstrategie. Ein Katalog mit Weiterbildungsangeboten und hin und wieder ein Personalentwicklungsgespräch reichen nicht aus. Das ist in den meisten Unternehmen erkannt und gilt als erfolgskritisch für die zukünftige Entwicklung des Unternehmens, wird aber nicht immer glaubhaft umgesetzt. Unternehmen müssen wissen, über welche Talente sie verfügen und welche Talente sie benötigen, um ihre Unternehmensziele zu erreichen. Wie diese Talente identifiziert werden sollen und was es braucht, damit sie zufrieden und erfolgreich sein können, sind dringende Fragen, die beantwortet werden müssen. Doch an ausformulierten Strategien und Prozessen hapert es in der Praxis. Nicht selten auch am bereitgestellten Budget. Zudem fehlt es den Unternehmen oftmals an einer objektiven Einschätzung über die Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter. Eine große Gefahr, denn unzufriedene Talente zu verlieren richtet einen größeren Schaden an und verursacht höhere Kosten, als präventiv deren Bedürfnisse angemessen zu berücksichtigen.

Das liegt unter anderem auch an der Tatsache, dass es keine allgemeingültige Definition von Talentmanagement und den dazugehörigen Strategien gibt. Der Wirtschaftspsychologe und Experte für Personalthemen Prof. Klaus P. Stulle spricht in diesem Zusammenhang vom Breiten- und Spitzensport. Während der eine Ansatz die Talente in jedem Mitarbeiter erkennen will, konzentriert sich die andere Herangehensweise auf die Identifikation und Förderung der High Potentials. Erfolgreiche Unternehmen müssen beide Betrachtungen in ihre Personal- und Unternehmensstrategie integrieren. Das hat nicht zuletzt auch die Corona-Pandemie gezeigt. Denn in den vergangenen Monaten haben in vielen Unternehmen vermeintliche Führungskräfte ihre Grenzen offenbart, während andere Mitarbeiter ihre Fähigkeiten entfalten konnten und durch die neuen Arbeitsformen und schwindenden Hierarchien auch sichtbar wurden. Das sollten Führungskräfte und HR-Manager zum Anlass nehmen und ihre Strategien überdenken, denn mit der fortschreitenden Digitalisierung steht längst die nächste Herausforderung ins Haus. Um diese zu stemmen, braucht es die Talente und den Einsatz aller Mitarbeiter. Genau das hat Elon Musk frühzeitig erkannt und gibt den Mitarbeitern eine lukrative Chance, die, wie er, für die Weiterentwicklung des Unternehmens brennen.

Dieser Text erschien zuerst auf inpactmedia.com und als Beilage im Magazin Capital.

Finden und binden | inpactmedia.com

Posted by Thomas Feldhaus in Allgemein
Hemmnisse beseitigen – Fördern Unternehmen nachhaltigen Konsum?

Hemmnisse beseitigen – Fördern Unternehmen nachhaltigen Konsum?

Es ist jetzt knapp zwei Jahre her, da stand mitten auf dem Berliner Alexanderplatz ein grüner Automat. Für nur 2 Euro konnten sich Interessierte mit einem neuen T-Shirt eindecken. Schnäppchenjäger ließen nicht lange auf sich warten und warfen ein Geldstück ein. Doch statt des angepriesenen T-Shirts schlug der Automat auf einem Display vor: „Meet Manisha“. Manisha war in diesem Fall ein Mädchen – stellvertretend für die vielen Arbeiterinnen in den Textilfabriken Bangladeschs – die für wenig Geld unter schlimmsten Bedingungen das T-Shirt produziert hat. Im Anschluss an den Film wurden die Käufer gefragt, ob sie immer noch am T-Shirt interessiert sind, oder die 2 Euro lieber spenden wollten. Die Idee stammte von der Organisation „Fashion Revolution“, die immer wieder mit spektakulären Aktionen auf die Produktionsbedingungen in der Textilindustrie aufmerksam macht. Bei den renommierten Red Dot Design Awards wurde das, gemeinsam mit der Werbeagentur BBDO durchgeführte Projekt gleich mehrfach, unter anderem in der Kategorie „Social Responsibility“, ausgezeichnet.

Dies ist die eine Seite, mit der Verbraucher zu verantwortlicherem Konsum angehalten werden können. NGOs setzen gerne auf solche Maßnahmen, die einerseits wachrütteln, andererseits informieren. Für Unternehmen sind sie eher ungeeignet. Sie müssen versuchen, nachhaltigen Konsum ohne erhobenen Zeigefinger zu fördern. Denn nachhaltiger Konsum umfasst weit mehr als Billigshirts oder Gen-Tomaten. Entsprechend unterschiedlich sind die Zugangswege. So achten beispielsweise fast dreiviertel der Konsumenten in Deutschland auf Energieeffizienz, wenn sie sich ein Haushaltsgerät kaufen. Sicher stehen dabei nicht nur Umweltaspekte im Vordergrund, aber auch Geld sparen kann ein Weg zu nachhaltigerem Handeln sein. In diesem Beispiel hat vor allem die Politik durch verpflichtende Kennzeichnungen den Weg geebnet.

Nachhaltiger Konsum soll Mainstream werden

Und die Politik ist es auch, die den nachhaltigen Konsum vorantreiben will. So hat die Bundesregierung im vergangenen Jahr ein „Nationales Programm für nachhaltigen Konsum“ ins Leben gerufen und auch in die neue Nachhaltigkeitsstrategie hat das Thema Einzug gehalten. Auf internationaler Ebene sind es vor allem die Sustainable Development Goals, die im nachhaltigen Konsum, adressiert mit dem Ziel 12, einen wichtigen Baustein für die zukünftige Entwicklung der Gesellschaft sehen. Das verdeutlicht einen zentralen Zusammenhang: Der Preis den wir in der Regel für unsere Produkte bezahlen, entspricht nicht dem realen Wert der Ware – die Kosten werden externalisiert. Die Berücksichtigung dieses Aspekts ist Voraussetzung um Konsum als nachhaltig zu bezeichnen. Für die Bundesregierung und ihrem Aktionsplan bedeutet dies, die entsprechende Kompetenz der Verbraucher zu steigern, gleichzeitig aber die Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen am nachhaltigen Konsum zu ermöglichen. Nachhaltiger Konsum soll aus der Nische geholt und Mainstream werden, so das erklärte Ziel. Mobilität, Ernährung, Wohnen und Haushalt, Büro und Arbeit, Bekleidung sowie Tourismus und Freizeit sind die Konsumbereiche, in denen dabei das größte Potenzial gesehen wird, das Ziel auch zu erreichen.

Doch noch sind wir vom Mainstream weit entfernt. Selbst scheinbar positiven Entwicklungen, die ein Umdenken erahnen lassen, geht manchmal die Luft aus. So wurde beispielsweise in den vergangenen Jahren ein zunehmender Trend zur vegetarischen oder veganen Ernährung erkennbar. Vor allem die stetig steigenden Verkaufszahlen fleischloser Ersatzprodukte wurden als Indikator betrachtet. Doch damit ist nun Schluss, wie eine Untersuchung der Gesellschaft für Konsumforschung aus dem Dezember letzten Jahres zeigt. Die Verkaufszahlen brachen signifikant ein und sind inzwischen sogar rückläufig. Nur wenige Wochen später wird eine Studie des VEBU (Vegetarierbund Deutschland) veröffentlicht, die das Gegenteil behauptet. Der Bedarf sei groß, wachse stetig und die bestehenden Angebote würden die Nachfrage noch lange nicht decken. Die Gründe für die rückläufigen Verkaufszahlen könnten beispielsweise in Testergebnissen liegen, die den Fleischersatzprodukten teilweise schlechte Qualität und erhebliche Verunreinigungen bescheinigten. Die GfK vermutet andere Gründe. So blieben viele Verbraucher Einmalkäufer, weil sie vom Produkt nicht überzeugt sind. Dennoch sei in den Zahlen auch ein Trend zu erkennen. Die Konsumforscher sehen nämlich schon ein vorhandenes Bedürfnis der Verbraucher nach Alternativen zur Massentierhaltung. Doch eine Abkehr vom Billigfleisch bedeutet nicht zwingend eine Zuwendung zur vegetarischen Ernährungsweise.

Consumer Confusion beeinflusst das Kaufverhalten

Dieses kleine Beispiel zeigt schon die Komplexität nachhaltigerer Konsumentscheidungen. Am Ende bleiben unter Umständen irritierte Verbraucher zurück, die in ihren alten Kaufmustern verharren. Diese Verhaltensmuster zu durchbrechen, stellt sicher die größte Herausforderung bei der Förderung nachhaltigen Konsums dar. Denn der viel größere Teil der Konsumenten hat zunächst gar keine Affinität zu nachhaltigen Produkten, oder setzt diese nicht in entsprechende Handlungen um. Gründe können in der Preisgestaltung liegen, an fehlenden Informationen oder dem Gegenteil, einem Zuviel an Informationen – es fehlt dann die Orientierung. Forscher nennen das Consumer Confusion und die kann erheblichen Einfluss auf das Kaufverhalten haben und ein großes Hemmnis für nachhaltigen Konsum sein.

Die Wissenschaftlerin Anja Buerke von der HHL Leipzig hat diesen Zusammenhang, der dann Eco Confusion heißt, in einer Studie untersucht. Eco Confusion führt zum Abbruch oder Aufschub von Kaufentscheidungen, so eine der Erkenntnisse. Gründe für die Verwirrung können beispielsweise die zahlreichen Siegel sein. Sie erhöhen eben nicht nur die beabsichtigte Transparenz, sondern verunsichern die Verbraucher. Diese Verunsicherung wird noch gesteigert, wenn gleich mehrere Siegel auf einem Produkt haften – z.B. Bio und Fairtrade, oder Siegel in einer Art Konkurrenz stehen, wenn beispielsweise ein Produkt als Bio gekennzeichnet ist, ein vergleichbares als Regional. Diese Einflüsse erschweren die Kaufentscheidung und führen im extremen Fall zum Abbruch – der Kunde kauft also keines der Produkte, weil er sich nicht entscheiden kann.

Die Nachhaltigkeitsmanager der Hersteller am POS

Buerke hat sich aber nicht nur mit den Ursachen der Eco Confusion beschäftigt, sondern auch mit Wegen, diese Hemmnisse zu beseitigen. Vermehrte Anstrengungen am Point of Sale sind demnach ein geeignetes Mittel, die Eco Confusion zu beseitigen. Genau auf diesen Weg setzt auch das Zentrum für Nachhaltige Unternehmensentwicklung (ZNU) der Universität Witten/Herdecke. Deren Standard für die Lebensmittelindustrie soll Antworten liefern, wie nachhaltiger Konsum am POS gefördert werden kann. Ursprünglich wurde der Standard entwickelt, um die Beziehung zwischen Hersteller und Handel in den Bereichen der Nachhaltigkeit zu vereinfachen. Nun will man den Standard nutzen, um Nachhaltigkeit auch den Verbrauchern näher zu bringen. Denn ob ein Produkt als nachhaltiger wahrgenommen wird, hängt in großem Maße davon ab, ob der Hersteller ein gutes und glaubwürdiges Nachhaltigkeitsimage hat. Dabei testen die Wissenschaftler nun neue Wege in der Kundenansprache am Point-of-Sale. Nicht mehr Label, Broschüren oder Plakate sollen die Kunden überzeugen, sondern die Nachhaltigkeitsmanager der Hersteller selbst. In einzelnen Lebensmittelmärkten wurden dafür Nachhaltigkeitstage durchgeführt, an denen Vertreter bekannter Hersteller wie Bahlsen und Ritter Sport, den Kunden direkt als Ansprechpartner zur Verfügung standen. Die Forscher waren mit den Ergebnissen zufrieden, und auch die Hersteller konnten deutliche Steigerungen beim Abverkauf verbuchen. Weitere Tests, ergänzt um neue Kommunikationsansätze, sollen zusätzliche Ergebnisse bringen.

Nun ist klar, die Nachhaltigkeitsmanager können nicht ständig und überall als persönlicher Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Um dennoch eine Antwort auf die Consumer Confusion zu haben, kommen die Mitarbeiter am POS ins Spiel, egal ob die zum eigenen Unternehmen gehören oder bei Vertragshändlern beschäftigt sind. Ohne notwendige Kenntnisse können die Verkaufsmitarbeiter nicht auf Kundenfragen reagieren. Gerade im beratungsintensiveren und nachhaltigkeitsaffinen Bereich der Outdoor-Ausrüstung ein echtes Manko. Diese Erfahrung hat man auch bei Vaude gemacht und die Schulungsreihe Green Shape Campus ins Leben gerufen. Dort werden Mitarbeiter zu den wichtigsten Nachhaltigkeitsthemen rund um die Produkte geschult. Die Themen reichen von der Lieferkette, über die Fair Wear Foundation und die Nachhaltigkeitsinitative BlueSign, bis hin zu Produktlebenszyklen und Materialkunde. Zurück in den Geschäften sind fortan kompetente Ansprechpartner. Dieses Modell hat sich von Beginn an in den Verkaufszahlen niedergeschlagen und wird deshalb weiter fortgeführt. Über 200 Händler wurden inzwischen auf diesem Weg zu Nachhaltigkeitsexperten geschult.

Mitarbeiter als Nachhaltigkeitsbotschafter

Ganz ähnlich geht auch der Lebensmittelhändler REWE Group vor und nennt das Kind beim Namen – Nachhaltigkeitsbotschafter. Das können Auszubildende sein, genauso aber auch Marktleiter. Entscheidender ist die Begeisterung für Nachhaltigkeitsthemen. „Für uns ist es wichtig, dass unsere Mitarbeiter beim Thema Nachhaltigkeit kompetent sind“, sagt Nicola Tanaskovic, Bereichsleiterin Nachhaltigkeit bei der REWE Group. Die Nachhaltigkeitsbotschafter werden speziell zu Nachhaltigkeitsthemen geschult. Mit diesem Wissen stehen sie in den Märkten als Ansprechpartner für Kunden und Mitarbeiter zur Verfügung. Bislang ist man bei REWE mit diesem Ansatz zufrieden. Die Nachhaltigkeitsbotschafter wirken als Multiplikatoren in die Belegschaft und auch von den Kunden wird der individuellere Ansatz goutiert. Denn die Botschafter setzen in den Märkten die Maßnahmen und Aktionen um, die sie selber identifiziert haben und die in ihrem eigenen Interesse liegen. Vorgeschrieben werden die Themen nicht, nur die Abstimmung mit der erforderlich.

Aber auch die anderen Mitarbeiter im Verkauf werden im Rahmen eines verpflichtenden Schulungsprogramms auch über Nachhaltigkeitsaspekte informiert. Mittels E-Learning werden sie zu grünen Produkten, zu den Bereichen Energie, Klima und Umwelt, sowie Mitarbeiter und gesellschaftliches Engagement geschult. Über 70.000 Mitarbeiter haben die modern und leicht verständlich aufbereiteten Schulungen bislang absolviert. Sie können dann den Kunden grundlegende Fragen zu Nachhaltigkeitsstandards oder Siegeln beantworten. „Wir versuchen allerdings die Themen mit dem jeweiligen Arbeitsumfeld so zu verzahnen, dass beispielweise ein Mitarbeiter an der Käsetheke auch Auskunft über Gentechnik geben kann“, so Tanaskovic.

Direkter Kontakt mit den Lieferanten

Nachhaltigkeit gewinnt bei den Mitarbeitern an Relevanz, ist man bei der REWE Group überzeugt. Seit 2008 betreibt das Unternehmen die diversen Maßnahmen und Aktionen, mit spürbar zunehmender Eigeninitiative der Mitarbeiter, vor allem in den letzten Jahren. Dazu trägt auch die 3-tägige interne Nachhaltigkeitsmesse bei. Rund 3.000 Mitarbeitern wurde das Sortiment nachhaltigerer Produkte präsentiert, sie wurden zu den relevanten Nachhaltigkeitsthemen geschult und kamen direkt mit den Lieferanten in Kontakt. „Die Aktion war ein voller Erfolg“, so Tanaskovic. „Die Mitarbeiter sind mit spürbarer Begeisterung zurück in ihre Filialen gegangen“. Ein wichtiges Feedback: Zahlreiche Teilnehmer erklärten, erst durch die Teilnahme an der Messe ein tieferes Verständnis für das Nachhaltigkeitsengagement der REWE Group erhalten zu haben. „Mit dieser Erfahrung können sie die Themen natürlich auch besser im Berufsalltag kommunizieren“, sagt Tanaskovic. Das kommt dann unter anderem den Nachhaltigkeitswochen zugute, die die REWE Group 3-mal im Jahr in den Märkten durchführt. Neben Aufklärungsaktionen am POS, oft gemeinsam mit Partnern wie der Umweltorganisation NABU, werden in dieser Zeit nachhaltigere Produkte verstärkt beworben.

Kundinnen nachhaltige Kaufentscheidungen ermöglichen

Die eigenen Angestellten als Botschafter für Nachhaltigkeit zu verstehen, ist ein Ansatz, dem auch das Modeunternehmen C&A folgt. Die Logik dahinter: Frauen machen den Großteil der Beschäftigten in der Bekleidungsindustrie aus genauso wie im eigenen Unternehmen. Auch auf Kundenseite überwiegt das weibliche Geschlecht, entsprechend konzentriert das Unternehmen seine Nachhaltigkeitsaktivitäten auf Frauen. „Unsere mehr als 60.000 Mitarbeiter spielen eine wichtige Rolle bei der Umsetzung unseres Engagements für nachhaltige Mode“, heißt es dazu im aktuellen Nachhaltigkeitsbericht. Die Mitarbeiterinnen sollen Botschafter der eigenen Marke sein und in den Geschäften den Kundinnen nachhaltige Kaufentscheidungen ermöglichen. Erklärtes Ziel ist es, dieses Engagement weiter auszubauen. Einen ganz anderen Weg nachhaltigen Konsum zu fördern, testet der Versandhändler Otto-Group und stellt dabei sogar das eigene Geschäftsmodell in Frage. Nach dem Motto, der nachhaltigste Konsum ist der, der gar nicht stattfindet, setzen die Hamburger mit ihrer Plattform OTTO NOW auf den aktuellen Trend der Share-Economy. Nicht kaufen, sondern mieten heißt die Devise. Möglich ist dies mit Fernsehgeräten, Waschmaschinen, Tablets oder Kaffeevollautomaten. Es sind aber auch Drohnen oder E-Bikes im Angebot. „Die Idee, Produkte auf Zeit zu besitzen und lediglich zu mieten, hat in Deutschland ein neues Level erreicht“, sagt Marc Opelt, Bereichsvorstand Vertrieb. Jetzt sei der richtige Zeitpunkt, „die Bereitschaft der Konsumenten für Mietangebote zu testen.“ OTTO NOW bietet die Produkte als neuwertig, für mindestens drei Monate, zur Miete an. Neuwertig heißt, dass die Produkte wie neu, professionell gereinigt und voll funktionsfähig sind. Bei Produkten, auf denen persönliche Daten gespeichert werden können, werden diese entfernt und das Gerät auf Werkseinstellungen zurückgesetzt. Ob dieses Modell die Zukunft für den Versandhändler bedeuten kann, werden die Erfahrungen zeigen.

Dieser Text ist erstmalig im CSR-Magazin und auf csr-news erschienen.

Nachhaltigkeit Konsum
Nachhaltigkeit Konsum
Posted by Thomas Feldhaus in Allgemein
Wein-Token – Echter Genuss und digitale Rendite

Wein-Token – Echter Genuss und digitale Rendite

„Schade, dass man Wein nicht streicheln kann“, soll der deutsche Schriftsteller und Journalist Kurt Tucholsky einmal gesagt haben. Der Genuss eines edlen Tropfen wird ihn zu dieser Aussage verleitet haben. Und damit ist er auch heute nicht alleine. Wein ist so populär wie nie. Nach Angaben des Deutschen Weininstituts betrug der Pro-Kopf-Verbrauch im vergangenen Jahr 2020 in Deutschland 20,7 Liter, etwa 0,6 Liter mehr als im Jahr zuvor. 

Solide Wertsteigerungen bei Weininvestments

Neben dem Genuss setzen allerdings immer mehr Menschen auf Wein als Investment Case. Dann nennt sich der Genuss Fine Wine Investment und hat vor allem seltene und teure Weine im Blick, die Aussicht auf eine solide Wertsteigerung versprechen. In den vergangenen Jahren durchaus mit Erfolg. Laut aktuellem Jahresreport der Londoner Wein-Börse Liv-Ex (Link: https://www.liv-ex.com/news-insights/indices/) haben sich Weininvestments im Corona-Jahr 2020 als sehr stabil erwiesen. Sie waren weniger volatil als die Aktienmärkte und konnten zum Jahresende ein Plus von fünf Prozent verbuchen. 

Token erleichtern den Marktzugang

Zwei Faktoren begünstigen die Entwicklung und Stabilität von Wein als Investment. Nur rund ein Prozent der weltweit produzierten Weine eignen sich nach Expertenschätzungen als Wertanlage. Gleichzeitig wächst der Bedarf an sicheren und rentablen Sachwerten. Das macht den Markt der Fine Wine Investments für viele Anleger interessant. Zumal edle Weine auch einen Prestigegewinn versprechen. Allerdings trifft dies nur auf wenige Tropfen zu. Ohne Fachkenntnisse und Zugang zu den relevanten Märkten können Investoren kaum von den Vorteilen profitieren. Zudem gelten Weininvestments als wenig liquide Form der Geldanlage. Wer sein eingesetztes Kapital jederzeit schnell verfügbar haben will, ist bei klassischen Fine Wine Investments nicht gut aufgehoben. Digitale Weininvestments können das ändern und öffnen privaten Investoren damit neue Anlagemöglichkeiten. 

Teilhaber wertvoller Weine

Grundlage dafür ist die Blockchain-Technologie, mit der sich verbriefte Eigentumsrechte an Sachwerten in viele kleine Teile zerlegen lassen. So ist es möglich, Teilhaber einer wertvollen Flasche Wein zu werden, ohne diese im Keller aufzubewahren oder jemals in Augenschein zu nehmen. Der Anteil an einer tokenisierten Flasche Wein oder einem tokenisiertem Wein-Portfolio ist ein sogenannter Non-Fungible Token oder kurz NFT, mit dem die Eigentumsrechte nachgewiesen werden. Diese digitalen Eigentumsnachweise lassen sich in der Wallet, dem digitalen Depot, aufbewahren. NFTs bezeichnen einen einzigartigen Vermögenswert, der nicht reproduzierbar ist. Dieser Wert muss nicht digital sein, sondern eindeutig identifizierbar, so wie beispielsweise eine spezielle Flasche Wein. Ein Wein-Token ist also immer mit einem physisch vorhandenen Portfolio eindeutig identifizierbarer Weine verbunden. 

Erste Wein-Token auf dem Markt

Mit der zunehmenden Popularität von NTFs in den vergangenen zwölf Monaten wurden auch hochwertige Weine zum Objekt der Begierde. Als im März das in Hamburg ansässige Fintech Finexity AG das erste europäische digitale Fine Wine Investment launchte, waren die angebotenen Token schon in der Vorzeichnungsphase unter Bestandskunden innerhalb kurzer Zeit an den Mann bzw. die Frau gebracht. Sieben Flaschen des Weinguts Domaine de la Romanée-Conti aus dem Burgund umfasste das Angebot. Mit Nebenkosten wurden diese für knapp 42.000 Euro eingekauft und in 43.500 Token a 1 Euro aufgeteilt. Investoren mussten mit mindestens 500 Token einsteigen. Inzwischen sind fünf weitere Fine Wine Investmentprojekte dazugekommen. Anleger können in die französischen Weingüter Domaine de la Romanée-Conti, Château Lafite Rothschild, Le Pin, dem kalifornischen Weinanbauer Opus One und das Champagnerhaus Salon Le Mesnil investieren.  

Schweizer Gesetz schafft rechtlichen Rahmen

In der Schweiz ist die Fine Wine Capital AG vorgeprescht und hat zusammen mit der Sygnum AG in einem ersten Schritt einen Château Latour tokenisiert. Es war das erste Weininvestment, das im Einklang mit dem neuen Schweizer DLT-Gesetz (Distributed Ledger Technologie) auf den Markt gebracht wurde. Damit wurde ein rechtlich verbindlicher Rahmen geschaffen, mit denen Eigentumsrechte digital verwaltet und übertragen werden können, so wie es für tokenisieren von Sachwerten erforderlich ist. Ähnlich wie bei Finexity waren auch die ersten Wein-Token bei Sygnum innerhalb kurzer Zeit verkauft. 

Auswahl entscheidet über die Rendite

Mit dem tokenisieren von Wein hat sich für Anleger ein Marktsegment erschlossen, das bislang eher vermögenden Kunden zur Verfügung stand. So kann auch mit geringem finanziellem Einsatz die eigene Vermögensplanung um diesen Baustein erweitert und damit diversifiziert werden. Doch Sachwerte wie Weine haben ihre Besonderheiten, die auch dann noch Gültigkeit haben, wenn sich das Investitionsvolumen auf viele Schultern verteilt. Zu den wichtigsten Aspekten gehören:

Nur wer aus der Fülle angebotener Weine die Perlen finden kann, wird am Ende mit einer Rendite belohnt. Das ist für den normalen privaten Anleger kaum möglich. Deshalb sollten sie darauf achten, nach welchen Kriterien ein Token-Anbieter seine Weine auswählt. Finexity hat beispielsweise ein Netzwerk an erfahrenen Weinkennern und Experten gebildet, deren Urteil in die Auswahl einfließt. Von ganz besonderer Bedeutung ist aber die Bewertung von international anerkannten Wein-Kritikern wie Robert Parker und Antonio Galloni. Ihr Urteil kann über Aufstieg und Fall eines Weines entscheiden und hat somit einen unmittelbaren Einfluss auf die Rendite. Anleger sollten aber auch auf die Tradition einer Weinmarke achten. Weingüter, die immer wieder hochwertige Weine produzieren, genießen beim späteren Verkauf eine höhere Wertschätzung als einmalige Ausreißer. 

Ist die Auswahl erst mal getroffen und die Weine befinden sich im Besitz des Emittenten, müssen sie dauerhaft fachgerecht gelagert werden. Relevant sind hierbei etwa die Raumtemperatur (10° bis 12°) und der Feuchtigkeitsgehalt der Luft (65% bis 85%). Der Grund ist einfach. Auch wenn Wein-Investments nicht zum Verzehr gedacht sind, so müssen sie trotzdem trinkbar bleiben. Nur dann ist die Werthaltigkeit gesichert. Erkennbar schlecht gelagerte Weine können ihren Wert vollständig verlieren und damit auch das eingesetzte Kapital. Diese aufwendige Lagerung verursacht natürlich Kosten. Anleger sollten deshalb auch auf die Nebenkosten achten, die mit dem Investment verbunden sind.  

Von ebenso großer Bedeutung sind die Aspekte Diebstahlschutz und Fälschungssicherheit. Vor allem die Echtheit von Weinflaschen sicherzustellen, ist inzwischen zu einer großen Herausforderung für Weingüter wie Investoren geworden. Denn mit den hohen Renditen kamen auch immer mehr gefälschte Weine auf den Markt. Zu den bekanntesten Fälschungen gehört eine Flasche Château Lafite, angeblich aus dem Jahr 1787 und aus dem Weinkeller des US-amerikanischen Präsidenten Thomas Jefferson. Tatsächlich handelte es sich um eine Abfüllung aus den 1960er-Jahren. Von anderen wertvollen Weinen waren mehr Flaschen im Umlauf, als jemals abgefüllt wurden. Emittenten von Wein-Token sichern sich deshalb heute über lückenlose Steckbriefe und Echtheitszertifikate ab. 

Digitale Marktplätze schaffen Transparenz und Flexibilität

Lukrative Investments in ausgewählte Sachwerte, so wie sie auch Fine Wine Investments darstellen, waren zuvor nur sehr schwer zugänglich. Entsprechend wurden sie nur wohlhabenden Kunden angeboten, die für längere Zeit auf ihr investiertes Kapital verzichten konnten. Das ändert sich mit dem tokenisieren von Weinen. Die Markteintrittsbarrieren sind abgesenkt, vor allem weil das Investment schon ab einigen Hundert Euro möglich ist. Ein bedeutender Vorteil besteht allerdings darin, dass die Token handelbar sind und das mit großer Transparenz und Sicherheit. Finexity hat dazu einen außerbörslichen Marktplatz für tokenisierte Assets geschaffen. Anleger können nach der Registrierung mit wenigen Klicks Token kaufen und wieder verkaufen. Zusätzliche Informationen zu den angebotenen Token und deren Performance machen es den Anlegern sehr einfach, ihre Investmententscheidung zu treffen. Ganz ähnlich arbeitet die Sygnum Bank mit ihrem Marktplatz Desygnate, der zudem durch die Orientierung am neuen DLT-Gesetz größtmögliche rechtliche Sicherheit bietet. Inzwischen arbeiten auch die regulären Wertpapierbörsen an Marktplätzen, auf den tokenisierte Sachwerte gehandelt werden können.


Exkurs: Das Parker-Punkte-System

Mit Daumen hoch oder Daumen runter ist es bei der Bewertung von Weinen nicht getan. Die Qualität eines Weins festzustellen, mutet für Laien oft wie eine Geheimwissenschaft an. Im Restaurant ist es ausreichend, wenn der Wein schmeckt. Für Fine Wine Investments ist vor allem eine hohe Bewertung anerkannter Kritiker wichtig. Ohne ihr Urteil ist nicht mit hohen Preisen und einer entsprechenden Wertentwicklung zu rechnen. Zu den Koryphäen auf diesem Gebiet gehört der US-Amerikaner Robert Parker. Seit 1978 urteilt er in seinem Magazin „The Wine Advocate“ über die Qualität von Weinen. Anfänglich hatte er dabei vor allem französische Weine im Blick, mittlerweile werden Weine aus allen namhaften Weinanbauregionen bewertet. Inzwischen ist Parker im Ruhestand, sein System wird aber von erfahrenen Sommeliers weitergeführt. Und das basiert auf einer übersichtlichen Punkteskala, die für jeden getesteten Wein einen Punktwert ermittelt. Für das Fine-Wine-Investement sind vor allem Weine interessant, die über einen Punktwert von mindestens 90 bis 95 (hervorragender Wein), besser aber einen Wert von 96 bis 100 (außerordentlicher Wein) verfügen. Wird der Punktwert noch um ein Pluszeichen ergänzt, könnte sich seine Qualität mit den Jahren noch verbessern. Zwar werden Weine auch von anderen Kritikern bewertet, beispielsweise dem „Gault Millau“, bei Weininvestments spielt die Parker-Bewertung aber immer noch eine zentrale Rolle. Investoren sollten also auf eine hohe Parker-Bewertung achten. 


FAQ Wein-Token

Wie sicher ist ein Wein-Token?

Für die Sicherheit von tokenisierten Wein-Assets sind unterschiedliche Ebenen relevant. An erster Stelle muss sich die prognostizierte Wertentwicklung nicht erfüllen. Dadurch kann die Rendite deutlich niedriger ausfallen und sogar der Totalverlust drohen. Ebenso wichtig ist die technische Sicherheit. Deshalb müssen die digitalen Schlüssel sicher aufbewahrt werden. Nutzen Sie dafür sehr sichere Passwörter und vergessen sie diese nicht. Ist der Zugriff nicht mehr möglich, ist der Verlust des Tokens unwiederbringlich. Investitionen in Wein-Token sind rechtlich bislang noch eine Art Schuldverschreibung. Das bedeutet, der Emittent haftet beispielsweise für Zinszahlungen, sofern diese vereinbart wurde. Er kann diese aber auch aussetzen, ebenso wie die Tilgung zum vereinbarten Endtermin. Das geht meist einher mit der Insolvenz des Emittenten. In diesem Fall bekommen Anleger ihr eingesetztes Kapital nur zurück, wenn zuvor andere Gläubiger bedient wurden. Auch eine solche Situation kann zum Totalverlust des Investments führen. 

Wie kann ich mit meinen Wein-Token Rendite erwirtschaften?

Ein Investment in hochwertige Weine zielt vor allem auf eine Wertsteigerung ab. Die bisher verfügbaren Wein-Token sind mit einem prognostizierten Ablaufdatum versehen, zu dem die Weine verkauft werden sollen. Zeiträume von 10 bis 15 Jahren sollten Anleger dafür einkalkulieren. In der Zwischenzeit profitieren die Anleger von den erwirtschafteten Überschüssen, sofern diese realisiert werden. Über die digitalen Marktplätze können die Token allerdings jederzeit verkauft werden und sichern damit die Liquidität des eingesetzten Kapitals. 

Welche Kosten sind mit dem Investment in Wein-Token verbunden?

Ein Vorteil der tokenisierten Weininvestments sind die deutlich niedrigeren Kosten. In der Regel werden nur geringe Verwaltungsgebühren berechnet. Eventuell kommen noch Kosten für die Wallet auf den Anleger zu. Anbieter wie Finexity verlangen allerdings keine Gebühren für die Aufbewahrung der Token.  

Dieser Text erschien zuerst auf token-information.de.

Posted by Thomas Feldhaus in Allgemein
Step by Step – Wie Nestle an einer fairen Lieferkette arbeitet

Step by Step – Wie Nestle an einer fairen Lieferkette arbeitet

Einige gezielte Schläge mit dem Holzknüppel, oder einer Machete, und schon gibt die dunkelgelbe, leicht orange schimmernde Schale nach und ihr Inneres frei. Zum Vorschein kommt ein traubenförmiges Gebilde dutzender, 3–4 cm langer Kerne, die von einer weißlichen, etwas gliberigen, fruchtig schmeckenden Masse (Pulpa genannt) umhüllt sind. An Schokolade erinnert jetzt noch gar nichts.

Ich treffe Achim Drewes am Flughafen Charles de Gaulles in Paris. Drewes ist Public Affairs Manager bei Nestle in Deutschland. Er organisiert und koordiniert dort unter anderem den Stakeholderdialog und ist meist erster Ansprechpartner für alle Fragen rund um Nestles Nachhaltigkeitsprogramm Creating Shared Value. Wir wollen gemeinsam die Kakaoplantagen der Elfenbeinküste besuchen und uns davon überzeugen, ob Nestle mit seinem Cocoa- Plan tatsächlich die beabsichtigen Ziele erreicht. Mit dabei ist Volker Kromrey von der NGO Bodensee-Stiftung, der seinen Blick vor allem auf die Biodiversität in den Plantagen richten wird.

Kleinbäuerliche Strukturen prägen den Anbau

Der erste starke Eindruck in der Elfenbeinküste ist das Klima. Die momentane Regenzeit sorgt für Luftfeuchtigkeit zwischen 80 und 90 Prozent bei Temperaturen um die 30 Grad. Erstmal nichts für mitteleuropäische Gemüter, aber genau die richtige Umgebung für Kakaopflanzen. Der weltweite Kakaoanbau findet ausschließlich in den tropischen und subtropischen Regenwäldern statt. Damit bietet die Elfenbeinküste optimale Bedingungen, auch wenn die Pflanze dort nicht heimisch ist. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts, als die Nachfrage nach Schokolade in Europa immer weiter stieg, wurde der Kakao durch die Kolonialmächte in Westafrika eingeführt. In Ghana und der Elfenbeinküste entwickelten sich kleinbäuerliche Strukturen mit schnell steigenden Produktionsmengen.

Heute gibt es in der Elfenbeinküste rund 800.000 kleinbäuerliche Betriebe, die meist nicht mehr als drei Hektar Land bewirtschaften. Zu wenig, um davon ein angemessenes Einkommen zu beziehen. Laut Cocoa-Barometer 2015 leben die Kakaobauernfamilien in der Elfenbeinküste durchschnittlich von rund 0,50 US-Dollar pro Kopf und Tag – deutlich unter der Armutsgrenze. Einer der Gründe ist die unzureichende Bewirtschaftung der Plantagen. Die Pflanzen sind häufig zu alt und krankheitsanfällig. Doch solange sich noch Früchte ernten lassen, verzichten die Bauern auf neue Pflanzen, akzeptieren damit aber auch geringere Ernten.

Ein Problem nicht nur für die Farmer, denn die Nachfrage nach Kakao, vor allem aus zertifiziertem Anbau, kann durch das Angebot kaum gedeckt werden. Nahezu alle großen Schokoladenhersteller in Europa haben sich umfangreiche Nachhaltigkeitsziele gesetzt und investieren in entsprechende Programme. Dabei haben sie vor allem auch ihre eigenen Interessen im Blick. Sollte es in absehbarer Zeit wirklich zu spürbaren Einbußen beim Export kommen, würde dies zwangsläufig auf das eigene Geschäftsmodell durchschlagen. Doch eine Trendwende lässt sich nicht einfach verordnen. Zudem bleibt auf den Farmen der Nachwuchs aus. Die jungen Leute versuchen ihr Glück lieber in Abidjan, dem Wirtschaftszentrums Westafrikas, als für karge Löhne und viel Arbeit weit ab im Hinterland ein Leben voller Entbehrungen zu führen. Nur selten kehren sie zurück mit der Absicht Kakaobauer zu werden. Khofi ist einer von denen die es gewagt haben. Sein Abenteuer Abidjan hat nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Er ist zurück in sein Dorf und hat sich mit Unterstützung durch eine Kooperative erfolgreich der Herausforderung gestellt. Inzwischen ist er überzeugter Kakaofarmer und betreibt eine Plantage mit Vorbildcharakter.

Für den Massenmarkt braucht es verlässliche Mengen und Beständigkeit

„In Deutschland beziehen wir inzwischen unseren gesamten Kakaobedarf aus dem Cocoa-Plan und alle Produktionsstätten sind UTZ-zertifiziert“, sagt Achim Drewes. Die nicht im deutschen Stammwerk in Hamburg produzierten Saisonwaren werden ab diesem Jahr einbezogen. Rund 380.000 Tonnen Rohmaterial benötigt der Konzern pro Jahr um daraus Produkte wie Kitkat oder Smarties herzustellen. Rund die Hälfte davon kommt aus der Elfenbeinküste. „Der Kakao, den wir von dort beziehen hat eine solide Qualität“, so Drewes. Um Schokoriegel für den Massenmarkt zu produzieren braucht es keinen Edelkakao, eher Beständigkeit und verlässliche Mengen. Die will Nestle unter anderem mit dem Cocoa-Plan sicherstellen und hat dafür Investitionen von 110 Millionen Schweizer Franken bis zum Jahr 2020 in Aussicht gestellt. „Wir sind an langfristigen Lösungen interessiert“, sagt Drewes, „Für uns und für die Bauern“. Dafür verfolgt der Plan wirtschaftliche, ökologische und soziale Ziele. Nestle will den Bauern ermöglichen ertragreicher zu wirtschaften. Das ist die Basis für höhere Einkommen und bessere Lebensbedingungen.

Nestle, Kakaoanbau und Elfenbeinküste, ein Dreiklang, der bei etlichen Verbrauchern Unbehagen hervorruft. Kaum eine andere Anbauregion wird so eng mit Kinderarbeit in Verbindung gebracht wie die Elfenbeinküste. Dafür hat unter anderem der Film „Schmutzige Schokolade“ des dänischen Filmemachers Miki Mistrati gesorgt. Nestle geriet auch ins Visier und musste sich unbequeme Fragen stellen lassen. Eine unangenehme Situation, erinnert sich Drewes, „Wir waren bei diesem Thema noch nicht sprechfähig“. Das konnte und sollte nicht so bleiben. Der Cocoa-Plan stand damals noch am Anfang, aber mit ihm sollte nicht nur die Sprechfähigkeit zurückkommen, sondern auch die schlimmen Formen der Kinderarbeit beseitigt werden.

Nathan Bello ist Nestles Mann vor Ort. Er leitet ein fünfköpfiges Agronomen-Team, dessen Aufgabe es ist, die mittlerweile über 70 Partnerkooperativen zu betreuen und dafür zu sorgen, dass die Bauern in guter Agrarpraxis ausgebildet werden. Nathan ist ein Überzeugungstäter, der sein Handwerk bei Fairtrade gelernt hat. „Nestle hat mich praktisch inmitten einer Plantage abgeworben“, erzählt er, nicht  ganz ohne Stolz. Leute wie Nathan braucht es, um die Farmer vom Sinn des zertifizierten Anbaus und den Vorteilen des Cocoa-Plans zu überzeugen. „Ich hätte auch in Europa leben können, so wie viele meiner Freunde“, sagt er und fügt gleich hinzu: „Doch da braucht man mich nicht. Hier kann ich etwas bewegen. Wir müssen Afrika entwickeln“. Es scheint genau diese Haltung zu sein, die die Farmer und Mitarbeiter in den Kooperativen spüren und ihn deshalb schätzen. Dabei ist Nathan kein Schönredner, er fordert in klaren Worten Gegenleistungen. Step by Step ist seine Maxime und die muss er von den Farmern immer wieder neu einfordern.

Den ersten Schritt macht Nestle und schult die Farmer in modernen Agrarpraktiken, um ihre Erträge zu erhöhen. In den sogenannten FarmerField Schools lernen sie wie die Plantage beschaffen sein muss. In einem Kreis aus Plastikstühlen inmitten einer Plantage finden die Schulungen statt. Hier lernen die Farmer unter anderem, wie wichtig die Bepflanzung mit Schattenbäumen ist, also Bäume die höher sind als die empfindliche Kakaopflanze und diese vor direkter Sonneneinstrahlung schützen. Doch oftmals werden die vorhandenen Schattenbäume gefällt und das Holz für die Feuerstätten genutzt. Zudem sollten die Plantagen umrahmt sein, beispielsweise mit Bananenstauden. Ein zusätzliches Nahrungsmittel und die großen Blätter lassen sich bei der späteren Fermentierung nutzen. Und auch der richtige Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist Gegenstand der Schulungen.

Moderne Pflanzen steigern den Ertrag

Von großer Bedeutung ist zudem die Qualität der Kakaopflanze. Seit 2009 unterhält Nestle ein eigenes Forschungszentrum in der Elfenbeinküste. Die dort entwickelten Setzlinge werden den Farmern kostenlos zur Verfügung gestellt. Wichtig ist dabei die Mischung verschiedener Sorten, um bei etwaigem Krankheits- oder Schädlingsbefall nicht die komplette Ernte zu verlieren. Diese verbesserten Setzlinge ermöglichen den Farmern ihre Ernteerträge, um das Dreifache zu steigern und entsprechend höhere Einkommen zu erzielen. Kommen dann noch die Mehreinnahmen durch die Zertifizierung dazu, lassen sich die Lebensumstände in den Dörfern langsam, aber stetig verbessern. Und auch der Staat sorgt inzwischen durch die Zahlung eines Mindestpreises, angepasst an den steigenden Weltmarktpreis, für mehr Stabilität.

Mit den zusätzlichen Geldern werden dann beispielweise Schulen betrieben. Bis zum 12. Lebensjahr sollen die Kinder in die Schule gehen, doch die ist oft weit entfernt. Damit trotzdem unterrichtet werden kann, müssen die Schulen in den Dörfern sein. Auch hier gilt das Prinzip des Step by Step. Nestle unterstützt beim Aufbau eines Schulgebäudes, doch den Betrieb müssen die Einwohner selbst bewerkstelligen. Nicht immer einfach Lehrer von einem Leben in den abgelegenen Regionen zu überzeugen. Ein eigenes Haus ist dann eine der Minimalanforderungen. Um auch sicherzustellen, dass die Kinder nicht doch auf den Plantagen arbeiten, ernennen die Kooperativen Beauftragte für Kinderarbeit, die für die Umsetzung bei den Mitgliedern sorgen und regelmäßig an die Zertifizierer berichten. Nach welchen Kriterien dabei vorgegangen wird, ist allerdings nicht immer ersichtlich.

Tägliche Überzeugungsarbeit

Eines wird auf den Kakaoplantagen in der Elfenbeinküste deutlich. Die in Deutschland veröffentlichten Zahlen in einem Nachhaltigkeitsbericht sind das Resultat einer ganzen Reihe von Menschen, die mit viel Einsatz die Idee des fairen, gleichberechtigten und nachhaltigen Handels umsetzen. Es beginnt mit dem Commitment des Top-Managements, über engagierte Mitarbeiter vor Ort und in den Kooperativen. Und es sind einzelne Farmer oder Bewohner der Dörfer, die ihr Wissen weitertragen und dafür sorgen, dass noch mehr Menschen davon profitieren. „Es ist tägliche Überzeugungsarbeit“, sagt Nathan Bello. Deshalb ist er auch lieber unterwegs bei den Kooperativen und in den Plantagen als in seinem Büro in Abidjan. Denn Schwierigkeiten gibt es genug. Da ist die Kooperative, die in guten Jahren zu üppig investiert hat und nun den Kapitaldienst für leerstehende Gebäude leisten muss. Da gibt es den Farmer der, weil er gerade Geld braucht, an denjenigen verkauft, der am schnellsten auf seiner Farm ist und das ist nicht immer die Kooperative. Da werden Kakaobohnen, die für den Export zu klein sind, in Nachbarländer verkauft und landen dann doch wieder auf dem Weltmarkt. Aber es gibt auch die Entwicklung zu höherer Professionalität. Inzwischen werden große Mengen des Kakaos in Abidjan weiterverarbeitet und somit weitere Wertschöpfungsstufen im Land gehalten. Und welches Fazit zieht Achim Drewes? „Es ist gut zu sehen, wie die Dinge in Bewegung kommen und sich die Lebensumstände der Menschen verbessern“, sagt er. „Aber, man sieht auch noch jede Menge Arbeit“.

Der Beitrag wurde zuerst im CSR-Magazin veröffentlicht.

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Posted by Thomas Feldhaus in Allgemein